Composition von »Kampf und Sieg«

[491] Nach seiner Weise hatte Weber, fast drei Wochen lang, den Stoff von »Kampf und Sieg« musikalisch arbeitend in sich getragen, ehe er sich dazu entschloß, eine Idee als fertigen Satz zu Papier zu bringen. Dieser erste, am 17. August niedergeschriebene Satz der Cantate ist der Volkschor Nr. 2 (D moll): »Bricht wieder denn die Zwietrachtlos«. Hierauf folgte der Kriegerchor Nr. 8 (B dur): »Ha, welch ein Klang« und dann blieb die Arbeit an der Cantate bis zum 19. Oct. liegen, so daß sie erst am 11. Decbr. mit Nr. 7, dem ersten Schlachtgemälde, vollendet wurde. Im Ganzen hat Weber nur 24 Tage an diesem Werke wirklich gearbeitet.[491]

Wohl an keines seiner Werke ist er, wie ja auch seine Briefe sogar deutlich aussprechen, mehr mit dem Willen und dem heißen Wunsche gegangen, etwas Dauerndes, Bedeutendes, aus dem Geiste der Zeit ursprünglich Hervorgegangenes zu schaffen, das seinen Namen verewigen sollte, als bei Composition von »Kampf und Sieg«, und bei keinem war er so berechtigt, an seine Kraft zur Lösung der Aufgabe zu glauben, als bei dieser Cantate, deren Vorläufer, mit so überraschendem und begeisterndem Erfolge, die Körner'schen Lieder gewesen waren. Der in ihm lebende Genius der dramatischen Gestaltung suchte sich eine Form für seine Darlebungen, und da sich die dramatische für die generellen und schwungvollen Ideen des Freiheitskampfs und Siegs verbot, so gab sich die der Cantate, mit wesentlich dramatischer Scenirung, von selbst.

Was ihn bei dieser Arbeit beseelte, was er damit erzweckte, durch welche Mittel er den Zweck zu erreichen strebte, das ist uns vergönnt dem Leser in einer Weise vollständig vorzulegen, wie es nur selten in Bezug auf musikalische Werke der Fall sein wird. Weber hat nämlich einige Monate später (26. Jan. 1816), wohl bemerkend, daß seine Intentionen bei der Vorführung des Werks nicht ganz erfaßt und daher viel schiefe Urtheile über dasselbe gefällt wurden, einen ausführlichen Aufsatz über die Cantate nieder geschrieben, der zu dem künstlerisch Interessantesten und zugleich für seine Wesenheit Charakteristischsten gehört, was aus seiner Feder geflossen ist, und den wir deshalb in ganzer Ausdehnung, als für diesen Platz zu umfangreich, im III. Bande geben.

Der Aufsatz schließt:


»So meine theuern Freunde habe ich Rechenschaft gegeben, wie mein Kopf und Herz handelte und mit was für Gemüthsfarben ich zu malen suchte.«

»Wie das aber geschehen ist das Geschenk von oben und nur die Welt kann es richten. –«


Und die Welt hat gerichtet und den Namen der Cantate »Kampf und Sieg« als eins der edelsten Blätter in seinen Kranz geflochten.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 491-492.
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