Proben der Cantate »Kampf und Sieg«

[522] Unter ganz andern Verhältnissen, als bei Aufführung seiner frühern Werke, glatt, schlicht, ohne Hinderniß, wohl unterstützt, begannen, unter Brühl's mächtiger Aegide, die Proben zur Cantate am 15. Juni früh 9 Uhr. Schon im Verlaufe der ersten gewann das Orchester eine so hohe Meinung von dem Werke, daß die Mitglieder, auseinander gehend, allenthalben voll Bewunderung davon sprachen und sich so rasch der Ruf desselben verbreitete, daß Brühl schon bei der zweiten und dritten Probe nur mit Mühe den Zutritt der Musiker und Kenner beschränken konnte, die dasselbe vor der Aufführung in den Proben zu studiren wünschten. Die Generalprobe am 17. Abends war ein vollständiger Triumph. Das zahlreich versammelte Auditorium spendete der Cantate alle möglichen Zeichen der Anerkennung, das Orchester und die Sänger waren voll Enthusiasmus thätig, in jeder Pause strömten die Koryphäen der Kunst und Kritik auf die Bühne, um Weber zu beglückwünschen, und am Ende der Probe legten sämmtliche Musiker die Instrumente nieder, um in den Applaus der Sänger und des Auditoriums mit einzustimmen.

Ohne es zu wollen hatte Bernhard Ans. Weber Carl Maria's Aussichten auf einen bedeutenden Erfolg dadurch vermehrt, daß von ihm, als die Erlaubniß zur Aufführung der Cantate ertheilt worden war, kaum fünf Wochen vorher, Beethoven's »Schlacht bei Vittoria« in[522] seinem großen Concerte zur Aufführung gebracht worden wär. Dabei hatte er die Lärminstrumente so geschickt angeordnet, daß deren störendes Geräusch möglichst wenig vorherrschend zur Geltung kam. Nichtsdestoweniger perhorrescirte das nervöse Berliner Publikum das Getöse, gewann dem Werke durchaus keinen Geschmack ab, und war nun um so begieriger auf Weber's Behandlung eines ähnlichen Gegenstandes.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 522-523.
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