Reise nach Berlin mit Caroline Brandt

[535] Der Contrast zwischen der Aufnahme in Berlin und der Entlassung in Prag war groß. Es gewährte Weber eine eigene Genugthuung, sich am Erstaunen Lina's über die Ehrenbezeugungen und die Liebesbeweise zu weiden, die man ihm allenthalben entgegen brachte. In solchem Lichte war ihr ihr Carl nie erschienen. Bisher war es ihr immer vorgekommen, als stehe sie, vor den Augen der Welt, in ihrer Art eben so hoch als er in der seinen und den Unterschied dieser Arten hatte sie sich nicht klar gemacht. Jetzt erfuhr sie, wie klein ihre Sphäre, wie unbegränzt die seine sei, und da bei den Frauen Verehrung und Hingebung so nahe aneinander gränzen, die Mutter aber genau dieselben bedeutsamen Eindrücke von Weber's Erscheinen in der großen Berliner Welt erhielt wie Lina, so fanden sich beide Frauen freudig erregt, als er eines Abends, auf dem Heimwege von einer Gesellschaft bei Brose, wo er wieder auf alle mögliche Weise gefeiert worden war, liebevoll in Lina drang, zu gestatten, daß in den nächsten Tagen ihre Verlobung öffentlich bekannt gemacht werde. Tochter und Mutter empfingen nun als hohes Glücksgeschenk, was sie wenige Monden vorher anzunehmen gezaudert hatten.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 535.
Lizenz:
Kategorien: