Sendungen der Cantate »Kampf und Sieg« an hohe Häupter

[515] Wenn Weber im April und Mai dieses Jahres kalligraphisch ausgeführte Copieen seiner Cantate »Kampf und Sieg«, kostbar gebunden, bereitete und sie, durch Vermittelung hochgestellter Persönlichkeiten, Gesandter etc. an den Kaiser von Oestreich, den König von Preußen, den Prinz-Regenten von England, die Könige von Sachsen, der Niederlande, Bayern und Dänemark1, sowie an den Großherzog von Toscana, Erzherzog Rudolph und andre hohe Häupter sandte, so liegen diesen Sendungen nicht allein eben so viel Kundgebungen der oben entwickelten Idee, sondern es liegt ihnen auch die weit materiellere Hoffnung zum Grunde, das Werk in möglichst vielen großen Orten und Residenzen, von guten Capellen aufgeführt und so in vortheilhaftester Form bekannt werden zu sehen. Ueberdieß waren solche Sendungen in der Sitte der Zeit und Niemand scheute sich damals Tabatièren, Rinne u.s.w. dafür in Empfang zu nehmen, wie jetzt nur Wenige Bedenken tragen, sich für Geschenke dieser Art dekoriren zu lassen. Auch Weber gingen Tabatièren, Busennadeln und Ringe in reicher Auswahl und großem Werthe von den Potentaten zu und der Verfasser besinnt sich, daß es für ihn, als kleines, kränkliches Kind, Festtage waren, wenn der Vater das wohl 20–25 Tabatièren etc. enthaltende Schubfach seines Schreibtisches auf den grünen Teppich seiner Arbeitsstube leerte und,[515] zu ihm auf den Boden gelagert, den Glanz des blanken Goldes und der Edelsteine in schimmernden Streifen und farbigen Funken, an Decke und Wänden des Zimmers spielen ließ, wobei dem Knaben die Schätze, welche in den Mährchen vorkamen, die der Meister ihm dabei erzählte »ganz plausibel und greifbar erschienen. Daß Weber zu jener Zeit auch den buchhändlerischen Werth seiner Arbeiten besser zu begreifen begann, dafür zeugt ein Brief an Steiner in Wien vom December 1816, in dem er ihm den Verlag der Cantate für 200 Ducaten und den der Sonate in D moll, der Variation für Clarinette und Piano und des Trio für Flöte, Violoncell und Piano für 100 Ducaten anträgt.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 515-516.
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