Weber an Vitzthum

[540] »Prag, den 19. August 1816,


Hochgeborner Herr Graf!

Insonders hochverehrter Herr Hof-Marschall.


– – Erlauben mir nun Hochdieselben auch, mit der vertrauungsvollen[540] Offenheit mich erklären zu dürken, die nach meiner Ueberzeugung der erste Beweis und sicherste Grundstein der wahrhaften Hochachtung ist, die sowohl der Mann dem Manne, als hauptsächlich auch der Künstler seinem Vorgesetzten schuldig ist; zu der ich mich nach der ersten Unterredung mit Ew. Hochgeboren gezogen fühlte, und durch den Inhalt Ihres geehrten Schreibens wieder erfreulich erneut, bestimmt sehe.«

»Wenn gleich dieser Inhalt manches anders ausspricht, als ich es hoffte, und wünschte, so ist es mir doch ein erhebendes Gefühl für die Zukunft, zu sehen, mit welchem Eifer Sie für die gute Sache kämpfen. Ich begreife nur zu gut wie viele Hindernisse aller Art hier zu beseitigen sind, und wie Sie als der Schöpfer der neuen Kunst-Anstalt, in der zweifach bedrohten Mitte, zwischen Geber und Empfänger stehen. Ich fühle aber auch daß alles hierbei darauf ankommt, soll das schön begonnene Werk nicht in Kurzem wieder in sich selbst zusammen sinken, und das rüstige Hände, die nur rein die Kunst und ihr Gedeihen vor Augen haben, mitarbeiten und rastlos wirken. In dieser Hinsicht, aus Liebe zur guten Sache, um an dem Aufblühen einer deutschen Kunstanstalt thätig mitzuhelfen, und unter Ihrer Leitung und Stütze etwas Würdiges zu schaffen, – biete ich den thätigsten Eifer aus vollem Herzen an, und übernehme die Direction der deutschen Oper auf ein Jahr als Königl. Kapellmeister, unter denen von Ew. Hochgeboren bestimmten Bedingungen.«

»Wenn ich dabei bemerke, daß ich trotz der mir gütigst gegebenen Notitz, daß alle Kapellmeister von jeher auf diese Weise in die Königl, Dienste traten, doch nicht mit Sicherheit auf bestimmte Verhältnisse für die Zukunft rechnen kann, indem die Sache im Ganzen, ihrer Natur und Wesen nach, noch sehr schwankend steht, da es fast unmöglich ist, in Jahresfrist etwas Ausgezeichnetes zu leisten, weil schwerlich noch mehrere andere Künstler so rücksichtslos handeln werden, wie ich, so glaube ich damit nur das unbegrenzte Zutrauen zu beweisen, welches ich sowohl in Ew. Hochgeboren thätige Vorsorge als hauptsächlichst auch in die allbekannte Gnade und Gerechtigkeitsliebe Sr. Majestät des Königs setze.«[541]

»Schließlich erlaube ich mir noch in Erinnerung zu bringen, was ich mündlich schon einigemal berührte, nämlich die Bitte, mir meinen Wirkungskreis möglichst genau zu bezeichnen, – die Kräfte und Mittel zum Wirken so vollständig und unbeschränkt als möglich zu verleihen, und die Festsetzung eines Reiseurlaubs.«

»Die näheren Bestimmungen aller weiteren Details; als z.B. Zeit des Eintreffens, Erleichterung in Hinsicht des Quartiers, der Uebersiedlungskosten etc. lege ich gänzlich in die Hände meines gütigen Chefs, indem ich überzeugt bin, daß dadurch mein Wohl besser bezweckt wird, als durch meine eigenen Vorschläge.«

»Aus vollem Herzen spreche ich nun noch das freudige Gefühl aus, das in mir die Hoffnung erweckt, unter Ihren Befehlen zu arbeiten, und dabei täglich beweisen zu können, welch' unbegrenzte Hochachtung für Ew. Hochgeboren in demjenigen lebt, der die Ehre hat sich zu nennen


Ew. Hochgeboren

des hochverehrten Herrn Hofmarschalls

ganz ergebenster Diener

Carl Maria von Weber.«


Der hierauf erfolgende Brief Vitzthum's ist von besonderem Interesse dadurch, daß er, gleich jenem vom 8. August, von Weber's Austellung als »Königl. Capellmeister« ausdrücklich spricht, da sich, aus dem Versuche einer stillschweigenden Eskamotirung dieses Charakters bei seiner Anstellung, für Weber höchst ärgerliche und sein Vertrauen zu seiner Anstellungsbehörde a priori erschütternde Differenzen entwickelten. Der Brief lautet nebst Weber's Antwort:

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 540-542.
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