Eine Charakteristik Mozart's von seinem Schwager Lange.

[45] Der k.k. Hofschauspieler Josef Lange, der Gatte der berühmten Opernsängerin Aloisia Lange, einer Schwester der Frau Mozart's, liess im Jahre 1808 in Wien bei Peter Rehm's sel. Witwe seine Biographie erscheinen. Dieselbe, heute ziemlich selten geworden, enthält im 26. Capitel pag. 171 u f.f. eine Mittheilung über Mozart die als ein nicht uninteressanter Beitrag zur Charakteristik des Meisters angesehen werden kann.

Lange lässt sich wie folgt, vernehmen:

»Dieses Jahr (1791) wurde mir noch durch den Tod meines Schwagers, des erst nach seinem Tode, als Neid und Cabale verstummten, allgemein berühmten Kapellmeisters Mozart, der am 5. December starb, getrübt. Es ist so Vieles von den Eigenheiten dieses grossen Mannes geschrieben worden, dass ich mich hier nur auf eine beschränke. Nie war Mozart weniger in seinen Gesprächen und Handlungen für einen grossen Mann zu erkennen, als wenn er gerade mit einem wichtigen Werke beschäftigt war. Dann sprach er nicht nur verwirrt durcheinander, sondern machte mitunter Spässe einer Art, die man an ihm nicht gewohnt war; ja er vernachlässigte sich sogar absichtlich in seinem Betragen. Dabei schien er doch über nichts zu brüten und zu denken. Entweder verbarg er vorsätzlich aus nicht zu enthüllenden Ursachen seine innere Anstrengung unter äusserer Frivolität; oder er gefiel sich darin, die göttlichen Ideen seiner Musik mit dem Einfällen glatter Alltäglichkeit in scharfen Contrast zu bringen, und durch eine Art von Selbstironie sich zu ergetzen. Ich begreife, dass ein so erhabener Künstler aus tiefer Verehrung für die Kunst seine Individualität gleichsam zum Spotte herabziehen, und vernachlässigen könne.«

Quelle:
Albert Josef Weltner: Mozart's Werke und die Wiener Hof-Theater. Wien 1896, S. 45-46.
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