Kaiser Joseph über Mozart

[217] Dittersdorf hat eine Unterredung aufgezeichnet, die er über Mozart mit Kaiser Joseph hatte. Hören Sie, sagte der Kaiser, ich habe zwischen Haydn und Mozart eine Parallele gezogen, ziehen sie auch eine, damit ich sehe, ob sie mit meiner übereinstimmt. Dittersdorf. Wenn es sein muß, bitte ich Eure Majestät, mir eine Urfrage zu erlauben. Kaiser. Auch das. Dittersdorf. Was ziehen Euer Majestät für eine Parallele zwischen Klopstock's[217] und Gellert's Werken? Kaiser. Hm – daß Beide große Dichter sind – daß man Klopstock's Gedichte öfter als ein Mal lesen müsse, um alle Schönheiten zu entschleiern – daß Gellert's Schönheiten schon beim ersten Anblicke ganz enthüllt sind. Dittersdorf. Nun haben Ihre Majestät Ihre Frage selbst beantwortet. Kaiser. Mozart wäre also Klopstock,Haydn Gellert. Dittersdorf. So halte ich dafür. Kaiser. Ich kann nichts einwenden. Dittersdorf. Darf ich so kühn sein, um die Parallele Euer Majestät zu fragen? Kaiser. Ich vergleiche Mozart's Compositionen mit einer goldenen Tabatiere, die in Paris gearbeitet, und Haydn's mit einer, die in London gearbeitet! Beide schön, die erste ihrer vielen geschmackvollen Verzierungen, die zweite ihrer Simplicität und ausnehmend schönen Politur wegen. Auch hierin sind wir fast einerlei Meinung.

Quelle:
Mozart-Buch. Von Constantin von Wurzbach, Wien 1869, S. 217-218.
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