[262] Don Juan und Zauberflöte als Kirchenmusik. Ein Biograph Mozart's berichtet folgendes Curiosissimum: Don Juan und Zauberflöte habe ich als Mozart'sche Messen mit vieler Andacht gehört. Ich erinnere mich noch, daß man das große Quartett des ersten Actes von Don Juan (»Fliehe des Schmeichlers glattes Wort«) zum Kyrie eleison gemacht hatte; nur kam zum Beispiel auf die Stelle des Don Juan: »Wißt, dieses arme Mädchen ist nicht mehr recht bei Sinnen« – Christe, Christe eleison, und auf die Exclamation der Elvire: »Ha, du Lügner, du Verräther« – Christe, Christe, Christe, Christe. Neben mir kniete eben der Darsteller des Leporello mit seiner Gattin, die ich in der Partie der Elvire gesehen hatte. Wie müssen die Leute andächtig gewesen sein! Die Worte Credo waren der Stelle untergelegt, wo Don Juan der Hölle verfällt. Auch habe ich die sämmtlichen Arien der Zauberflöte und einige aus der Entführung mit geistlichem Text in Bamberg angetroffen. Das »Seht, Papageno ist schon da« war ein Osterlied geworden. Man sieht,[262] nicht bloß Menschen und Bücher, auch Compositionen haben ihre Schicksale.

Quelle:
Mozart-Buch. Von Constantin von Wurzbach, Wien 1869, S. 262-263.
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