Meerjunker (Coris julis)

[168] Als das bekannteste Mitglied der namentlich in den indischen Gewässern artenreichen Unterfamilie gilt der Meerjunker (Coris julis, Labrus julis, Sparus niloticus, Julis mediterranea, speciosa, melanura und vulgaris). »Avs allen Meerfischen ist dieser der allerschönste mit Gestalt vnd Farben, auß welcher vrsach er den Namen bey allen Nationen bekommen hat. Sein Rucken ist mit mancherley Farben gezieret, daß er sich einem Regenbogen vergleicht.« In der That, der Name Regenbogenfisch, welchen der Meerjunker ebenfalls führt, gebührt ihm mit Recht; denn es ist schwer, eine Schilderung der Farben zu geben, um so mehr, als sie beständig in einander übergehen oder, je nach dem einfallenden Lichte, verschieden erscheinen. Die Oberseite ist grünlichblau, ein breites Längsband orangefarben, die Seite auf silbernem Grunde veilchenfarben in die Länge gestreift, der Kopf braungelb, blau und silbern gemustert, die Rückenflosse auf marmorrothem Grunde purpurfarben gefleckt, die übrigen Flossen sind mehr oder weniger blauröthlich: alle diese Farben aber spielen auf das mannigfaltigste in einander, so daß man sie ebensowenig wie die des Regenbogens von einander abgrenzen kann. Die Rückenflosse spannen neun und zwölf oder dreizehn, die Brustflosse zwölf oder [168] dreizehn, die Bauchflosse ein und fünf, die Afterflosse zwei oder drei und zwölf oder dreizehn, die Schwanzflosse dreizehn oder vierzehn Strahlen. Die Länge beträgt selten über achtzehn Centimeter.

Wir wissen, daß der Meerjunker gemein ist im Mittelländischen und Atlantischen Meere, auch zuweilen an die britischen Küsten verschlagen wird, stets nur zwischen tangbewachsenen Klippen sich aufhält, Schalthiere und junge Fische frißt, im Frühjahre laicht und gut an die Angel geht, sind aber im übrigen über seine Lebensweise nicht unterrichtet. Von einer verwandten Art wurde Klunzinger durch die arabischen Fischer des Rothen Meeres dahin belehrt, daß die Meerjunker, wenn eine Beute oder Lockspeise sichtbar wird, stets in größerer Anzahl, zu zehn bis zwanzig, herbeikommen und dann den glücklichen Erbeuter lebhaft verfolgen.


Meerjunker (Coris julis). 1/2 natürl. Größe.
Meerjunker (Coris julis). 1/2 natürl. Größe.

Ist der Bissen groß, so soll der Besitzer, mit dem Kopfe schüttelnd, ein Stück abbeißen und es seinen Genossen überlassen, um Ruhe vor ihnen zu haben. Wird eine Beute in einiger Entfernung von der sicheren Klippe gewonnen, so ziehen sich nach geglücktem Fange alle Meerjunker eiligst wieder zu letzterer zurück. Inwieweit vorstehende Angaben für die oben beschriebene Art gültig sind, wissen wir nicht, ebensowenig als wir zu urtheilen vermögen, inwiefern die Beschreibung der älteren Forscher richtig ist. »Diese Fisch«, sagt Geßner,»schwimmen allezeit mit gantzen Scharen wie die Mucken, wohnen bey mießechten Felsen vnd Schrofen, sind sehr frässig, als Numenius schreibt. Mit jhrem Biß sollen sie denen, so die Wasser brauchen, schwimmen oder baden im Meer, mächtig vberlegen seyn, dann sie schiessen häuffecht herzu, beissen und verletzen in gleicher Gestalt vnd Schmertzen wie die Imben oder Wespen, es beweget auch jhr Biß ein Schmertzen ein zeitlang wie der Biß der Wespen, welches vrsach etlichen Scribenten geben hat, daß sie einen gifftigen Biß jnen zugeschrieben haben, in solcher gestalt, daß alles, so von jnen gebissen, als andere Fisch, sollen fürter zu der Speiß vntauglich seyn. Wiewol diese Fisch von Kleine wegen jhres Leibs verachtet vnd vernichtet werden, wirdt jhnen doch von den alten bewehrten ärtzten, ein sehr löblich Fleisch zugeschrieben, als die ein lind, matt oder mürb Fleisch haben, ohne Schleim, Wust oder Vberflüssigkeit, ringer Verdäuwung, als dann gar nahe aller ander Steinfisch Fleisch geartet ist.«


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 168-170.
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