Einzige Sippe: Bartgrundeln (Cobitis)

[299] Die Bartgrundeln (Cobitis) haben ihre besonderen Merkmale in dem kleinen Kopfe, dessen Schnauzenöffnung von wulstigen Lippen und Bärteln umgeben ist, den mit zahlreichen spitzigen Zähnen einreihig besetzten Schlundknochen, der kurzen, weit nach hinten liegenden und den Bauchflossen gegenüberstehenden Rückenflosse.

[299] Der Verbreitungskreis dieser Fische dehnt sich über einen großen Theil Europas aus. Die drei deutschen Arten kommen auch im übrigen Mitteleuropa vor, eine von ihnen fehlt jedoch in Großbritannien. Die einen lieben schlammige und stehende, die anderen reine und fließende Gewässer. Alle halten sich für gewöhnlich auf dem Boden auf, ruhen, im Schlamme oder unter Steinen verborgen, übertages und beginnen mit Sonnenuntergange oder mit Eintritte trüber Witterung ihre Jagd auf Wassergewürm im weitesten Umfange. Zwei Arten sind sehr hinfällig, während die dritte ungünstigen Einflüssen, zumal Verderbnis des Wassers, mehr zu trotzen weiß. Hierzu befähigt sie die Möglichkeit, in anderer Weise als die meisten übrigen Fische zu athmen. Unter gewissen Verhältnissen sind sie im Stande, anstatt der Kiemen des Darmes als Athmungswerkzeug sich zu bedienen. Sie begeben sich, laut Siebold, zu diesem Zwecke an die Wasseroberfläche, verschlucken, indem sie die Schnauze aus dem Wasser hervorstrecken, eine gewisse Menge Luft, welche sie unter starkem Zusammenpressen ihrer Kiemendeckel in den kurzen, gerade verlaufenden Verdauungsschlauch hinabdrängen, während sie gleichzeitig aus dem After eine Anzahl Luftperlen unter Geräusch hervorpressen. Daß diese Einnahme und Ausgabe von Luft mit einer Darmathmung zusammenhängt, wurde zuerst von Erman erkannt; von den älteren Fischkundigen ward einfach gemeldet, daß der Schlammbeißer, welchen Erman zu seinen Untersuchungen benutzte, einen pfeifenden Ton von sich gibt. Bloch erzählt, daß er öfters Luftblasen aus dem After des Schlammbeißers habe hervortreten sehen; Schneider widersprach dieser Angabe und wollte nur beobachtet haben, daß dieser Fisch aus der Mundöffnung Luftblasen mit Geräusch ausspeie. Durch die von Erman vorgenommene Prüfung der durch den Darmschlauch des Schlammbeißers gegangenen Luft stellte sich heraus, daß sie dieselben Veränderungen erlitten, als ob sie mit wirklichen Athmungswerkzeugen in Berührung gekommen wäre. Nachdem Bischoff dieselben Untersuchungen wiederholt und dieselben Ergebnisse erhalten hatte, wurde in neuester Zeit die Sache weiter verfolgt und Ermans und Bischoffs Angaben durchaus bestätigt. Nach Siebolds Beobachtungen können auch die übrigen Bartgrundeln in derselben Weise wie der Schlammbeißer ihren Verdauungsschlauch als Athmungswerkzeug benutzen. In frischem, an Sauerstoff reichem Wasser thun sie letzteres selten, im Freien namentlich hat man es noch nie von ihnen gesehen, wogegen sie in der Gefangenschaft, wenn man ihnen das Wasser nicht beständig erneuert, bald dazu gezwungen werden. Man hat vermuthet, daß sie an ihrem natürlichen Aufenthaltsorte nur dann der Dar mathmung sich bedienen, wenn in ihrer Umgebung das Wasser sich verloren hat und sie genöthigt werden, im Schlamme und Moder sich zu vergraben. Von Jäckel gepflegte Schlammbeißer starben auffallenderweise eher als Rothaugen und Schleien, wenn ihnen frisches Wasser vorenthalten wurde, und Schmerlen sowie Steinbeißer zeigten sich unter gleichen Umständen bei weitem hinfälliger als Bitterlinge. Mit letzterem stimmen meine Beobachtungen überein; hinsichtlich des Schlammbeißers dagegen verweise ich auf unten.

Ungeachtet der geringen Größe werden wenigstens zwei unserer Bartgrundeln sehr gern gegessen und sogar in besonderen Teichen gezüchtet. Ihr Fleisch darf auch wirklich ein wahrer Leckerbissen genannt werden, vorausgesetzt, daß man die Fischchen nach dem Fange sobald wie möglich über das Feuer bringt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 299-300.
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