Kopfsauger (Echeneis naucrates)

[107] Eine verwandte Art aus dem Atlantischen und Stillen Weltmeere, der Kopfsauger (Echeneis naucrates, albicauda, lunata, vittata, fusca und australis), erreicht eine Länge von zwanzig bis fünfundzwanzig Centimeter, ist auf der Oberseite ölgrün, unten weißlich, und seine Saugscheibe hat vierundzwanzig Querstreifen.

Die Lebensweise aller Schiffshalter ist dieselbe. Wie die Scheibenbäuche setzen sie sich fest an anderen Gegenständen, ausnahmsweise an Felsen und Steinen, in der Regel an Schiffen und Haifischen. Letztere sieht man selten ohne diese Schmarotzer und zuweilen geradezu mit ihnen bedeckt. Wahrscheinlich gewährt ihre rauhe Haut den Schiffshaltern einen sicheren Anhalt und ihre Beweglichkeit diesen Gelegenheit, immer in neuem Wasser zu fischen. Mit den Haien und mit den Schiffen durchwandern sie weite Strecken des Meeres, und wie bei den Leitfischen geschieht es, daß sie in ihnen eigentlich fremde Meerestheile verschleppt werden. So zählt man den Schiffshalter aus dem Mittelmeere unter den Fischen Englands mit auf, weil er in den britischen Meeren wiederholt von Schiffen und Haien eingeschleppt worden ist, und so nur läßt sich ihre außerordentlich weite Verbreitung erklären. Die Ursache, weshalb sie sich an Schiffen und Haien festsetzen, ist übrigens noch keineswegs genügend erklärt. Daß sie sich ansaugen, läßt sich begreifen, weil alle Thiere, wie ich schon wiederholt bemerkte, von ihren Begabungen den richtigen Gebrauch zu machen wissen; warum sie aber an beweglichen Gegenständen sich ankleben, ist schwer zu sagen: denn die Annahme, daß sie es in der Absicht thun, ihrer Unfertigkeit im Schwimmen Nachhülfe zu leisten, muß erst noch bewiesen werden. Wahrscheinlich ist diese Annahme allerdings: »während der obere Theil des Kopfes«, sagt Kittlitz, »sich anklammert, behalten die Kinnladen Spielraum genug, nach den kleinen Gegenständen ihrer Nahrung, die da unten vorbeischwimmen, mit Erfolg zu schnappen. Dabei kommt ihnen die Bildung dieser Kinnladen zu statten. Der ganze Fischkörper hat ein gewissermaßen verkehrtes Ansehen: der Bauch sieht aus wie der Rücken bei anderen Fischen, er ist nicht nur erhabener, sondern auch dunkler gefärbt als der Oberleib, welcher stets an andere Gegenstände sich anzuschmiegen pflegt. Dieser Trieb geht so weit, daß man, so lange das Thier lebt, nicht leicht etwas von seinem Oberkörper zu sehen bekommt, weil es sich überall gleich ansaugt, so z.B. auf dem Boden eines Tellers mit Seewasser, wo es an der glatten Fläche sich immer noch ziemlich festhält und so, ganz umgekehrt, ruhig liegen bleibt«. In dieser Stellung scheinen die Schiffshalter, »vielleicht mit wenigen Unterbrechungen, ihr ganzes Leben hinzubringen. Die Kraft ihres Saugwerkzeuges ist so groß, daß selbst die todten Fische noch ziemlich fest an allerlei Gegenständen hängen bleiben«. Art und Weise ihrer Befestigung ist leicht erklärt. Ihre Saugscheibe wirkt wie ein Schröpfkopf. Sie drücken die vielen Blättchen an dem Rande nieder, pressen die nun ebene Fläche fest an die, welche zum Anheften dienen soll, erheben die einzelnen Querblätter wieder und bilden so einen luftleeren Raum, welcher nunmehr den vollen Druck des Wassers zur Geltung kommen läßt. Als Saugscheibe im eigentlichen Sinne des Wortes wirkt also ihr Kopfschild nicht, obschon ganz ähnlich. Ihre Schwimmfertigkeit ist nicht so unbedeutend, wie man vielleicht annehmen möchte, obgleich ihre Bewegungen den Anschein der Schwerfälligkeit und Ungeschicklichkeit haben, auch ausschließlich mittels der Schwanzflosse bewerkstelligt werden. Man sieht sie zuweilen neben oder vor dem Haie schwimmen oder, wenn sie an Schiffen sich angehängt haben, diese verhältnismäßig rasch und gewandt umspielen. Zu verkennen sind sie nicht; denn auch im Schwimmen sehen sie aus, als ob sie den Bauch nach oben gerichtet hätten, lassen sich also leicht von anderen Fischen unterscheiden. Wenn der Koch eines Fahrzeuges das Spülicht in die See gießt und das Wasser trübt, verlassen sie zu Dutzenden und mehr die Schiffswände, an denen sie sich festgesaugt, schlängeln sich mit aalartiger Beweglichkeit rasch durch die Wellen und versuchen, [107] von den fettigen Bläschen so viele als möglich aufzunehmen. Auch gelingt es wohl, sie mit einer durch Speck geköderten Angel von ihren Ruhesitzen wegzulocken und zu fangen. Ihr kräftiges Gebiß deutet auf ihre räuberische Natur; Bennett fand jedoch in ihrem Magen nur Kruster und kleine Muscheln. Nachdem sie eine Beute erlangt, kehren sie wieder zu dem alten Platze zurück und hängen einen Augenblick später ebenso fest wie früher. An einem gefangenen Haie haften sie gewöhnlich nur so lange, als der Theil, an welchem sie sich befestigt, noch im Wasser liegt, lassen, wenn der Fisch emporgewunden wird, los und kleben sich an das Schiff; Kittlitz beobachtete aber auch das Gegentheil und erbeutete mehrere von ihnen, welche, »auch in der Luft so fest auf ihrem Platze (am gefangenen Haie) blieben, daß sie mit Gewalt abgerissen werden mußten«.

Ueber ihre Fortpflanzung weiß man noch nichts bestimmtes; Bennett erwähnt nur, daß man glaube, sie brächten lebende Junge zur Welt.

Die Unansehnlichkeit der Schiffshalter schreckt die meisten Seereisenden ab, sie für die Tafel bereiten zu lassen. Nach einstimmiger Versicherung derer, welche dem Vorurtheile trotzten, haben sie keineswegs einen schlechten Geschmack, und manche Schiffer zählen sie sogar zu den wohlschmeckenden Meerfischen: eine Ansicht, welcher auch Bennett vollständig beitritt.

Die fromme Sage berichtet, daß der Apostel Petrus eines Tages genöthigt war, eine Steuer zu erlegen, und, um dies zu ermöglichen, anstatt in den Geldbeutel ins Wasser griff, einen Fisch hervorholte und dem Maule des Thieres den betreffenden Zinsgroschen entnahm. Die wundersame Begebenheit muß auf hohem Meere stattgefunden, der Apostel auch tüchtig zugegriffen haben, da der betreffende Mittelmeerfisch jederseits zwei schwarze, runde Flecke trägt, welche der Sage gemäß eben die Eindrücke der Finger darstellen sollen, auch wohl Veranlassung geworden sind, daß man das Thier heutzutage Petersfisch nennt. Diesen Namen führt er freilich nicht überall: bei den Griechen heißt er Christusfisch, bei den Spaniern Martinsfisch und bei den Norddeutschen endlich Häringskönig; möglicherweise trägt er aber auch seinen Familiennamen mit vollem Rechte, wurde also bereits von den Alten als ein ausgezeichnetes Geschöpf angesehen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 107-108.
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