Vierte Familie: Brassen (Sparidae)

[51] Brassen (Sparidae) nennt man eine artenreiche Familie von Seefischen, deren Merkmale die folgenden sind. Der Leib ist länglich, seitlich stark zusammengedrückt, auf der Schnauze und an den Kiefern nackt, übrigens mit ziemlich großen, am hinteren Rande gezähnelten Schuppen bekleidet, deren Wachsthumslinien dem oberen und unteren Rande in schräger Richtung zulaufen. Am Kiemendeckel findet sich nur ein schuppenartiger, meist stumpfer Ecknagel. Die einzige Rückenflosse erhebt sich aus einer Furche; die Brustflosse ist spitzig, die Schwanzflosse gabelig. Die Anzahl der Kiemenstrahlen beträgt gewöhnlich sechs, zuweilen fünf Bürsten- oder scharfe, spitzige Kegel- und Fangzähne oder stumpfe, runde Pflasterzähne, auch wohl breite Schneidezähne, welche denen des Menschen ähneln, bewaffnen die Kiefer. Gaumen und Pflugscharbein sind zahnlos.

Die Brassen verbreiten sich fast über alle Meere, und manche Arten treten hier oder da in sehr großer Anzahl auf. Sie nähren sich von Muschel- und Krustenthieren oder Meerpflanzen; einige stellen wohl auch kleinen Fischen nach. Das Fleisch mehrerer Arten wird hochgeschätzt, das anderer gering geachtet. Die im Mittelmeere lebenden Arten waren größtentheils schon den Alten bekannt; ihre Lebensgeschichte aber wurde mit allerlei sonderbaren Fabeln ausgeschmückt. »Sie bewohnen«, schildert Oppian, »mit Tangen bedeckte Felsen und sind träge, kämpfen aber doch während der Laichzeit heftig mit einander, die Milchner um die Roggener, und treiben sich so gewaltsam gegen die Klippen und in die Reusen der Fischer. Ihre Liebe nimmt sie auch so in Anspruch, daß sie sich von den Tauchern mit Händen fangen lassen. Zum Laichen ziehen sie zweimal an die Küste, im [51] Frühlinge und im Herbste; außerdem halten sie sich in größerer Tiefe auf, meist im Gefolge der Meerbarben, weil sie das verzehren, was jene beim Wühlen im Schlamme gelockert und übrig gelassen haben. Eine ganz besondere Liebe hegen sie auch zu den Ziegen, kommen, wenn sie dieselben meckern oder die Hirten singen hören, truppweise herbei, springen lustig an den Strand, schmeicheln und lecken das Vieh und jammern, wenn die Ziegen zum Stalle getrieben werden. Deshalb hüllen sich die Hirten in Ziegenfelle und machen am Ufer allerlei Sätze, um die bethörten zu fangen.« Vergeblich bemüht man sich, zu ergründen, ob zu irgend einer dieser Geschichten ein Grund vorliegt, da die neueren Beobachter nichts ähnliches mitzutheilen wissen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 51-52.
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