Coccinella impustulata, dispar, Micraspis duodecimpunctata, Chilocorus bipustulatus

[193] Bei der Gattung Coccinella ist der halbkugelige oder halbeiförmige Körper nackt, die dichte Keule der elfgliederigen Fühler abgestutzt, das Schildchen deutlich, das zweite Fußglied herzförmig, das dritte versteckt; die Klauen spalten sich entweder in der Mitte, oder sie tragen einen dreieckigen Zahn am Grunde. Der Siebenpunkt, siebenpunktirte Marienkäfer (Coccinella septempunctata, Fig. 2, S. 194), gehört zu den größten und gemeinsten heimischen Arten. Von der schwarzen Grundfarbe weichen ab zwei weißgelbe Stirnflecke und die weißgelben Ecken des Halsschildes, die mennigrothen, vorn weißlichen Flügeldecken, auf denen zusammen sieben runde schwarze Flecke stehen. Er kommt im ersten Frühlinge mit der allgemeinen Auferstehung aus seinem Winterlager, paart sich, und schon Ende Mai kann man fast erwachsene Larven sehen, im Juni und Juli wird die Gesellschaft zahlreicher. Die in der frühesten Jugend durchaus schwarzen Lärvchen (Fig. 3) halten sich anfangs zusammen und tummeln sich in der Nähe der eingeschrumpften Eihäute, zerstreuen sich auch später nicht weit von einander. Die sorgsame Mutter hatte sie da untergebracht, wo sie in den Blattlauskolonien reichlich Nahrung finden; mit Hülfe dieser wachsen sie schnell heran, häuten sich mehrere Male und bekommen allmählich eine bläulich schiefergraue Färbung; die Seiten des ersten, vierten und siebenten Gliedes und eine Längsreihe zarter Rückenpunkte sehen roth aus. Zur Verwandlung heftet sich die Larve mit ihrer Schwanzspitze fest, krümmt sich nach vorn, zieht den Kopf ein, verliert die Haare, und schließlich reißt die Haut im Rücken, die Puppe windet sich heraus, sitzt aber auf der zurückgeschobenen Larvenhülle wie auf einem Polster. Von Farbe ist sie roth und schwarz. Wenn man sie durch Berührung in ihrer Ruhe stört, so hebt sie den Vordertheil ihres Körpers und läßt ihn wieder fallen, oft so taktmäßig, wie der Hammer einer schlagenden Uhr. Nach ungefähr acht Tagen schlüpft der Siebenpunkt aus, an welchem einer oder der andere schwarze Punkt ausnahmsweise auch wegbleibt. Da man im Juli zwischen Larven und Käfern an der Rückseite der Blätter die schmutziggelben Eier zu zehn bis zwölf bei einander findet, so dürften zwei Bruten im Jahre nach dem[193] Voraufgehenden die Regel sein, eine dritte unter günstigen Umständen (reiche Kost und Wärme) nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegen. Viele Marienkäferchen zeigen große Unbeständigkeit in ihrer Rückenfärbung, besonders dann, wenn die schwarze mit einer hellen Farbe abwechselt. Die hier abgebildete Coccinella impustulata (Fig. 4) z.B. erscheint auf ihrer Rückenseite auf schmutziggelbem Grund schwarz gezeichnet; es können aber bei derselben Art die manchmal noch schwächeren schwarzen Zeichnungen, wie sie unser Bild vorführt, in dem Maße zunehmen, daß das Gelb als Zeichnung auf schwarzem Grunde auftritt, ja, es kann vollständig schwinden. Eine andere Art, die gleichfalls hier vorgeführt worden ist (Coccinella dispar, Fig. 5), über trifft alle an Veränderlichkeit, ohne die äußersten Grenzen ihrer Verschiedenheit an das Geschlecht zu knüpfen, wie man fälschlich annahm. Einmal hat sie rothe Flügeldecken mit je einem schwarzen Mittelflecke und ein schwarzes, seitlich gelb gerändertes Halsschild; ein andermal ist sie schwarz auf den Flügeldecken mit einem rothen Hakenflecke an den Schultern und einem runden Flecke in der Nähe der Nahtmitte gezeichnet, der weiteren, hier nicht vorgeführten Abänderungen nicht zu gedenken.


1 Micraspis duodecimpunctata in natürlicher Größe und unterstes Stück vergrößert. 2 Siebenpunkt (Coccinella septempunctata) und 2 Puppen in natürlicher Größe, 3 seine vergrößerte Larve zwischen Blattläusen. 4 Coccinella impustulata, natürl. Größe. 5 Coccinella dispar in zwei Färbungen. 6 Chilocorus bipustulatus, natürl. Größe.
1 Micraspis duodecimpunctata in natürlicher Größe und unterstes Stück vergrößert. 2 Siebenpunkt (Coccinella septempunctata) und 2 Puppen in natürlicher Größe, 3 seine vergrößerte Larve zwischen Blattläusen. 4 Coccinella impustulata, natürl. Größe. 5 Coccinella dispar in zwei Färbungen. 6 Chilocorus bipustulatus, natürl. Größe.

Bevor diese Abweichungen als solche erkannt waren, stellte man eine größere Menge Arten auf als neuerdings.

Die glänzend schwarzen, meist rothgefleckten Chilocorus- Arten haben einen runden, stark gewölbten Körper, kurze, nur neungliederige, in eine spindelförmige Keule auslaufende Fühler, ein tief ausgerandetes Kopfschild, breite, am Grunde unten zahnartig erweiterte Schienen und an der Wurzel breit gezahnte Klauen; sie beschränken sich vorzugsweise in ihrem Aufenthalte auf Waldbäume, wo man sie an den Stämmen umherkriechen und auch die der Hauptsache nach versteckten Puppen aus der Längsspalte der letzten Larvenhaut nur hervorschimmern sieht. Der 3,37 Millimeter messende, glänzend schwarze Chilocorus bipustulatus (Fig. 6) färbt Kopf, Seitenbänder des Bauches, Knie und eine schmale, abgekürzte, wie aus Flecken zusammengesetzte Querbinde mitten durch die Flügeldecken blutroth. – Infolge bedeutender Kleinheit, düsterer Färbung und des Aufenthaltes oben auf den Waldbäumen oder an anderen unzugänglichen Stellen verbergen sich noch hundert andere Familiengenossen unseren Blicken und sind mit tausend und abertausend anderen Käfern für alle Nichtsammler überhaupt nicht auf der Welt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 193-195.
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