Gyrinus strigipennis

[49] Mehr als die eben besprochenen Schwimmkäfer müssen die Taumel-, Dreh- oder Wirbelkäfer (Gyrinus) die Aufmerksamkeit desjenigen auf sich lenken, welcher nur einige Minuten beobachtend an Gewässern der vorher bezeichneten Art verweilt; denn die stahlblauen, im Glanze der Sonne förmlich leuchtenden Käferchen können seinen Blicken unmöglich entgehen. Er könnte leicht auf den Gedanken kommen, daß es kein lustigeres, glücklicheres Geschöpf gebe. Jetzt gruppirt sich, die kleine Gesellschaft auf einem Punkte, jeder fährt hin und her, der eine beschreibt einen größeren Kreis, der zweite folgt, ein dritter vollendet den Bogen in der entgegengesetzten Richtung, ein vierter zeichnet andere Kurven oder Spiralen, und so kommen sie im wechselnden Spiele bald einander näher oder ferner. Bei diesen höchst gewandt ausgeführten Bewegungen, wie sie in seiner Weise der bestgeschulte Schlittschuhläufer nicht besser ausführt, steht das Wasser unter dem einzelnen fast still, nur, wo mehrere bei einander sind, bilden sich embryonische Wellen. Jetzt plumpt ein schwerfälliger Frosch in ihrer Nähe in das Wasser oder es wird auf andere Weise beunruhigt, da, wie die Strahlen des Blitzes, fahren die kleinen Schwimmer auseinander, und es dauert eine geraume Zeit, ehe sie sich wieder zum alten Spiele vereinigen. So beim Sonnenscheine oder bei warmer, schwüler Luft ohne denselben; an rauhen, unfreundlichen Tagen bemerkt man keine Spur von den Taumelkäfern, deren ewigen Freudentaumel man wahrscheinlich mit diesem Namen hat bezeichnen wollen; sie halten sich verborgen am Rande zwischen den Blättern der Pflanzen oder auf dem Grunde des Gewässers. Um ihr Betragen in diesem Falle zu beobachten, eignet sich ihr natürlicher Aufenthalt wenig, hierzu bedarf es ihrer Gefangennahme. In dieser Beziehung hat von Malinowski einige interessante Beobachtungen veröffentlicht, welchen die folgenden Mittheilungen entnommen sind. Eine zahlreiche Gesellschaft des Gyrinus strigipennis war aus einem Badehause in der Donau geschöpft und in ein Glas mit Wasser gesetzt worden. Als einige Tage nachher verschiedene Stücke todter Käfer auf dem Wasser umherschwammen und dadurch die Vermuthung nahe gelegt ward, daß sie sich aus Mangel an Nahrung anfressen, wurde ein Stückchen frisches Fleisch in das Wasser geworfen. Kaum war dasselbe auf dem Boden des Gefäßes angelangt, als eine Anzahl Käfer sich mit den Köpfen in dasselbe einwühlte. Sie hielten sich jedoch bei dieser Behandlungsweise, trotz des fleißigen Wasserwechsels, nicht gut, das Obenaufschwimmen zerstückelter Käfer hörte nicht auf, und nicht lange, so waren sie sämmtlich abgestorben. Eine zweite Gesellschaft wurde ohne Fleisch mit Schilfwurzeln eingekerkert, und diese befand sich bei dieser Verpflegung merklich behaglicher; nur einmal erschien ein todter Käfer auf der Wasserfläche, jedoch unangegriffen von Seiten der übrigen. Wenn der Wirbelkäfer taucht, versorgt er sich mit Lebensluft, welche er als Silberperle an der Leibesspitze mit sich hinabnimmt. Diese Luftblase wird entschieden durch irgend einen Fettüberzug vom Wasser abgeschieden; denn sie läßt sich breitdrücken, spitzt sich zu und haftet so fest an der Hinterleibsspitze, daß es von Malinowski nach verschiedenen vergeblichen Versuchen nur einmal gelang, sie mittels eines Stäbchens zu entfernen. Augenblicklich wurde sie jedoch durch [49] eine neue ersetzt. Unter Wasser setzt sich der Käfer an eine Pflanze, hält sich besonders mit den Mittelbeinen an derselben fest, streckt die langen Vorderbeine wiederholt vorwärts, wie der zum Schwimmen sich anschickende Mensch seine Arme, streicht mit ihnen auch über den Kopf und den vorderen Rückentheil, wie dies andere Insekten gleichfalls thun, wenn man von ihnen sagt, daß sie sich »putzen«. Außerdem werden die Vorderbeine zum Emporklettern an einer Wasserpflanze oder zum bloßen Festhalten an einer solchen benutzt, wenn der Käfer zur Abwechselung den übrigen Körper in der Schwebe zu halten beliebt. Sitzt er in vollkommener Ruhe, so spielen nur die Taster hin und her, und Bewegungen in seiner nächsten Nachbarschaft stören ihn so leicht nicht. Gleich den Schwimmkäfern können auch die Taumelkäfer fliegen, weil sie ohne dies Vermögen unter Umständen zu Grunde gehen würden. Ehe sie auffliegen, kriechen sie an einer Pflanze empor, bewegen, die Flügeldecken lüftend, den Hinterleib lebhaft auf- und abwärts, bis sie zuletzt, mit den Beinen loslassend, sich schwirrend in die Luft erheben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 49-50.
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