Zweigabstecher (Rhynchites conicus)

[147] Der Zweigabstecher, Stengelbohrer, Giebelstecher (Rhynchites conicus) ist durchaus tief blau, stellenweise grünschimmernd, an Beinen und Rüssel schwarz und überall mäßig dunkel behaart. Der Rüssel ist kürzer als Kopf und Halsschild zusammengenommen, letzteres auf seiner Oberfläche grob und mehr einzeln punktirt und wenig nach hinten erweitert. Die Flügeldecken sind tief punktstreifig, auf den Zwischenräumen wieder punktirt, hinter der Mitte am breitesten. Länge bis zur Rüsselwurzel 3 Millimeter.

Gleich den übrigen Arten treibt sich auch diese Art, nachdem sie aus der Erde gekrochen ist, im Mai und Juni auf den verschiedensten Laubhölzern, wie Vogelbeeren, Elsbeeren, Traubenkirschen, Weißdorn, ganz vorzüglich aber für unsere Obstbäume, Pflaumen, Kirschen, Birnen, Aepfel, Aprikosen, schädlich werdend, umher. Weniger rührt der Nachtheil von dem Befressen der jungen Knospen, besonders in den Baumschulen, her, als vielmehr aus der Art, wie das Weibchen sein Brutgeschäft betreibt. Es »sticht« nämlich die zarten Triebspitzen ab, um ein oder einige Eier an das dadurch trocken werdende Mark zu legen, von welchem sich die künftige Larve ernährt. Hat das Weibchen eine ihm passend erscheinende Spitze gefunden, so nagt es leicht an der Innenseite des Stengels da, wo er abbrechen soll, begibt sich dann näher der Spitze des Schosses, frißt ein Loch bis auf das Mark, legt ein Ei darauf und schiebt es mit dem Rüssel bis auf den Grund des Loches. Dies alles nimmt etwa eine Stunde in Anspruch. Hierauf kehrt die besorgte Mutter zu der ersten Stelle zurück, um den Trieb so weit abzunagen, daß er durch den leisesten Windstoß umbricht oder ohne weiteres herabfällt. Indem sich der Käfer bei dieser Arbeit öfter unterbricht, sich wieder nach der Spitze begibt und nachsieht, ob alles in Ordnung sei, verbraucht er abermals ein bis einundeinehalbe Stunde Zeit. Ein kurzer Abstich enthält ein, ein längerer bis drei Eier, jedes in einer besonderen Grube. Nach acht Tagen durchschnittlich bekommt dieses Ei Leben und die Larve ernährt sich von dem nach und nach trockener werdenden Marke des Abstiches und verpuppt sich dann in der Erde.

Wo eine Anzahl von Weibchen auf die angegebene Weise an Obstbäumen ihr Brutgeschäft betreiben, richten sie nicht unbedeutenden Schaden an und man kann der Wiederholung desselben nur dadurch vorbeugen, daß man die Abstiche von den Bäumen oder am Boden sorgfältig sammelt und verbrennt, sobald man sie bemerkt, damit die in ihnen lebende Brut zerstört werde.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 147.
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