Gemeiner Goldkäfer (Cetonia aurata)

[93] Der gemeine Rosenkäfer oder Goldkäfer (Cetonia aurata) veranschaulicht die Grundform der ganzen Sippe. Wer sollte ihn nicht kennen, den goldgrünen Käfer mit einigen weißbeschuppten und vertieften Querstrichen auf der Hinterhälfte der Flügeldecken, welcher bei heißem Sonnenscheine mit lautem Gesumme herbeikommt zu den blühenden Sträuchern und Stauden in Garten, Wald und auf Wiesen, dort namentlich nach den Rosen, Spirstauden und Rhabarber, hier nach dem Weißdorne, wilden Schneeball und so manchen anderen; denn weil die Kaustücke seiner Unterkiefer weich sind, so kann er nur die zarten Blätter der Blumen zerbeißen oder Saft lecken. Er sitzt auf den flachen Trugdolden, von der Sonne beschienen, gleich einem funkelnden Edelsteine, zu manchen Zeiten ihrer vier, fünf gleichzeitig auf einer. Gefällt es ihm nicht mehr, so summt er ebenso plötzlich wieder davon, wie er ankam, seine langen Flügel unter den Golddecken bloß vorziehend, immer aber nur dann, wenn ihn die heißen Strahlen der Sonne treffen. Scheint dieselbe nicht, so sitzt er stundenlang fest auf derselben Stelle wie schlafend, und kriecht tiefer hinein, wenn die Witterung unfreundlicher zu werden beginnt. Ergreift man ihn, so entleert er hinten einen schmutzig-weißen, schmierigen Saft von widerlichem Geruche, sicher in der Absicht, sich die Freiheit wieder zu erwerben. An alten Eichen oder anderen Bäumen, deren Saft aus offenen Wunden heraustritt, von so manchem Kerfe als reichlich strömenden Lebensquell ersehnte Stellen, wie wir bereits erfahren haben, sitzen die Goldkäfer bisweilen in gedrängten Scharen und [93] leuchten weithin durch ihren Goldglanz. Nie werde ich es vergessen, wie ich einst unter der Krone einer alten Eiche in der Dessauer Heide, einem so beliebten und ergiebigen Tummelplatze der sammelnden Entomologen aus den Nachbarorten, mitten zwischen einer gedrängten Schar der gemeinen Art, wie die Perle in der Krone, die weit seltenere, fast noch einmal so große, reiner goldig glänzende Cetonia speciosissima erspähte. Die Stelle war nicht erreichbar, der Anblick aber zu verführerisch, um nicht alles zu versuchen, jene Perle in meinen Besitz zu bringen. Der Spazierstock ward zum Wurfspieße ausersehen und traf nach wenigen verunglückten Versuchen so glücklich, daß die Cetonia speciosissima nebst einigen gemeinen Rosenkäfern vor Schreck herabfielen, während ein Theil der übrigen ruhig weiter zechte, ein anderer im Fluge davon rauschte. Schädlich werden die Rosenkäfer eigentlich nicht; wenn sie aber in großen Mengen erscheinen und es sich in einem Garten um die Erziehung von Rosenäpfeln handelt, so beeinträchtigen sie entschieden deren Ernteertrag, wie sie auch manche andere, der Blüte wegen gepflegte Rose durch ihren Fraß verunstalten.

Die besprochene Art unterscheidet sich von einigen anderen ihr sehr nahe stehenden durch eine erhabene Linie der Flügeldecken jederseits der Naht, welche dieselbe als eine Furche erscheinen läßt, und durch einen knopfförmigen Fortsatz des Mittelbrustbeins; die Unterseite ist kupferroth, die Oberseite grün goldglänzend oder kupferglänzend, sehr selten blau, noch seltener schwarz, das vorn gerade abgestutzte und erhaben gerandete Kopfschild dicht, das Halsschild nur an den Seiten dicht punktirt.


1 Gabelnase (Dicranorrhina Smithi), Männchen. 2 Rosenkäfer (Cetonia aurata). 3 Gebänderter Pinselkäfer (Trichius fasciatus). Alle in natürlicher Größe.
1 Gabelnase (Dicranorrhina Smithi), Männchen. 2 Rosenkäfer (Cetonia aurata). 3 Gebänderter Pinselkäfer (Trichius fasciatus). Alle in natürlicher Größe.

Nicht sie, sondern eine ihr sehr nahe stehende, im Süden Europas vorkommende Art dürfte es gewesen sein, welche Aristoteles Melolontha aurata genannt hat, und welche neben dem Maikäfer der griechischen Jugend als Spielzeug und, wie es nicht anders sein konnte, gleichzeitig als Hülfsmittel, sich in thierquälender Roheit zu üben, dienen mußte.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 93-94.
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