[33] Für den Naturfreund möchten sich keine anderen Laufkäfer so dazu eignen, ein Bild von der ganzen Familie zu geben, wie die Gattung Carabus mit ihren nächsten Verwandten, lieh sie doch [33] der ganzen Familie ihren Namen und wird sie doch wegen ihrer stattlichen Arten selbst von dem Käferkenner und Sammler mit Vorliebe gepflegt! Durch ansehnliche Größe, metallische Farben, den Familiencharakter aussprechende Körperform fallen sie gegen das Heer der anderen mittelgroßen oder kleinen Arten draußen im Freien, besser allerdings in einer geordneten Sammlung, auch dem Laien in die Augen. Die Arten haben eine durchschnittliche Größe von 22 Millimeter und gehen seltener bis auf 15 Millimeter herab, als über das Durchschnittsmaß hinaus. Der vorgestreckte Kopf ist merklich schmäler als das Halsschild, die Oberlippe zweilappig, der Kinnausschnitt mit einem kräftigen Mittelzahne versehen und das Endglied der Taster beilförmig (Fig. 5, S. 5). Das Halsschild, vorn immer etwas breiter als hinten, setzt sich scharf gegen die eiförmigen Flügeldecken ab. Diese stimmen in Farbe mit dem Halsschilde und dem Kopfe überein, zeigen höchstens an ihren Außenrändern einen lebhafteren, wenig veränderten Farbenton, hinsichtlich der Oberflächenverhältnisse aber die größte Mannigfaltigkeit. Wenige erscheinen dem unbewaffneten Auge vollkommen glatt, sind es indessen nicht, sondern wie mit einer Nadel gerissen; viele haben feine Längsstreifen in regelmäßigem Verlaufe oder stellenweise mit gleichsam zerfressenen Rändern, so daß dem Auge der Eindruck einer besonderen Art von Runzelung entsteht; auf den feingerieften zeigen sich regelmäßige Reihen von Anschwellungen, von Punkteindrücken, von größeren Grübchen mit abweichendem und erhöhtem Farbenglanze, wie bei dem hier vorgeführten Gartenlaufkäfer. Wird die Oberfläche unebener, so treten wenige Längsrippen (drei auf jeder Decke) als stumpfe Leisten heraus und lassen tiefe Rinnen zwischen sich, welche wiederum in der verschiedensten Weise verziert sein können. Abgesehen von Einzelarten, deren Flügel ausnahmsweise vollkommen ausgebildet sind, verkümmern dieselben stets, so daß sämmtliche Carabus-Arten nur als tüchtige Fußgänger ihr Fortkommen finden. Die Beine sind daher kräftig und dem Familiencharakter entsprechend gebaut, bei dem Männchen nur die drei ersten Vorderfußglieder erweitert und mit filziger Sohle bekleidet. Bei den meisten zeigt auch das vierte die Erweiterung, jedoch keinen Filz an der Sohle oder mindestens unvollkommeneren. Goldgrün, Blau und Bronzebraun bilden neben Schwarz die metallischen Farben, in welche sich die Caraben kleiden, die jedoch im Tone je nach der Gegend abändern und neben gewissen Abweichungen in der Plastik der Oberfläche auf den Flügeldecken der Feststellung der Art manche Schwierigkeit bereiten.
Die zweihundertfünfundachtzig bekannten Carabus-Arten beschränken sich auf die gemäßigten Gegenden der nördlichen Halbkugel und gehen in der Alten Welt, mit Ausschluß einiger ansehnlichen Arten Syriens, Palästinas und des Kaukasus, nicht über die Mittelmeerländer hinaus, weiter nach Süden kommen sie in Nordamerika und selbst in zehn Arten in Südamerika (Chile) vor. Viele von ihnen sind nur Gebirgsbewohner, prachtvolle die pyrenäischen; unsere deutschen Gebirge beherbergen durchschnittlich dieselben Arten. Die Steine an den Berglehnen und in den Thälern sowie die verwesenden Baumstubben bilden ihre wesentlichsten Verstecke, unter und in welchen sie der Sammler von der letzten Hälfte des August ab am erfolgreichsten aufsucht. Denn hier oder zwischen dem Moose werden sie geboren, hier halten sie sich über Tag verborgen, hier liegen sie in der winterlichen Erstarrung. Die in der Ebene lebenden Arten finden in den Wäldern dieselben Verstecke, in den Gärten und auf den Feldern wenigstens Steine, Erdschollen, Graskaupen, Mauselöcher und ähnliche, sie dem Sonnenlichte entziehende Oertlichkeiten, an welchen andere Mitbewohner, wie Schnecken, Regenwürmer, Insektenlarven usw., ihnen reichliche Nahrung bieten. In der Nachtzeit ziehen sie auf Raub aus, verkriechen sich aber wieder, sobald die Sonne emporsteigt.
Die wenigen bekannten Larven gleichen einander nicht nur in der Lebensweise, sondern auch in der äußeren Erscheinung. Der gestreckte, halbwalzige Körper ist durch die sämmtliche Glieder auf dem Rücken deckenden Chitinschilder glänzend schwarz, am Bauche heller, weil neben den weißen Verbindungshäuten nur schwarze Schwielen und Leisten die [34] erhärteten Stellen andeuten. Der viereckige, vorgestreckte Kopf ist mit viergliederigen Fühlern, sechs braunen Tastern, sichelförmigen Kinnbacken und jederseits mit einem Ringe von sechs Augen ausgestattet, die kleine Mundöffnung nur zum Saugen geeignet. Ueber den Rücken der zwölf Leibesringe zieht eine feine Mittelfurche und der letzte endet nach oben in zwei Dornenspitzen von verschiedener Länge und Zähnelung, je nach der Art, nach unten in einen zapfenartig ausstülpbaren After. Das erste Glied zeichnet sich vor allen, jedes der beiden folgenden wenigstens vor den noch übrigen ziemlich gleichen Gliedern durch die Länge aus. Die Larvenleben an gleichen Orten und in gleicher Weise wie die Käfer, wie es scheint, vom ersten Frühlinge bis gegen den Herbst hin, doch dürfte die Entwickelung nicht überall gleichmäßig vor sich gehen; denn ich fand beispielsweise im Thüringer Walde Ende August (1874) einzelne Larven, welche der Gebirgs-Goldhenne (Carabus auronitens) anzugehören schienen, obschon dieselbe im vollkommenen Zustande schon häufig genug vorkam. Die breite, weiße Puppe liegt in einem erweiterten Lager an Stellen, wo die Larve zuletzt hauste, und braucht entschieden nur kurze Zeit zu ihrer ferneren Entwickelung.
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