[507] Die Eintagsfliegen, Hafte (Ephemeridae), gehören einem zweiten Formenkreise an, welcher bei aller Verwandtschaft mit den vorigen zahlreiche Merkmale als Eigenthümlichkeiten für sich beansprucht. Den schlanken, fast walzigen Körper dieser Fliegen bedeckt eine ungemein zarte Haut, und drei, mitunter auch nur zwei gegliederte Schwanzborsten verlängern ihn nicht selten um das Doppelte. Die kurzen Borsten vorn, welche die Stelle der Fühler vertreten, würden leicht ganz übersehen werden, wenn sie nicht auf ein paar kräftigen Grundgliedern ständen. Nebenaugen kommen groß, oft aber nur zu zweien vor. Das mittlere Bruststück erreicht fast die Länge des vordersten. Dem zarten Baue entsprechen auch zarte Beine, welche in vier oder fünf Fußglieder auslaufen. Auf ihrer Bildung beruht der eine Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern, indem sich an den vordersten der Männchen Schienen und Füße in einer Weise verlängern, daß man dieselben, wenn sie in der Ruhelage neben einander geradeaus weit vorstehen, bei einem flüchtigen Blicke für die Fühler halten möchte. Die vorgequollenen, beinahe den ganzen Kopf einnehmenden Augen geben für das männliche Geschlecht ein zweites Erkennungszeichen ab. Da die Eintagsfliegen den Namen in der That verdienen und mitunter kaum vierundzwanzig Stunden leben, so bedürfen sie der Nahrung nicht und widmen ihre kurze Lebensdauer nur der Fortpflanzung; daher bleiben die nach dem Plane der beißenden angelegten Mundtheile unentwickelt, und ihre Stummel verstecken sich hinter ein großes zweilappiges Kopfschild. Die zierlichen Netzflügel endlich werden in der Ruhe senkrecht nach oben getragen, in inniger Berührung ihrer Oberflächen, und unterscheiden sich bedeutend in den Größenverhältnissen, denn ein vorderer übertrifft den Hinterflügel durchschnittlich um das Vierfache oder verdrängt denselben in einigen Fällen gänzlich. Das Interessanteste an den Ephemeren bleibt ein Zug aus ihrer Entwickelungsgeschichte, der sonst nirgends weiter vorkommt. Sobald die Fliege nämlich dem Wasserleben entsagt hat, nach den sonstigen Begriffen vollkommen ist, streift sie noch einmal ihre Haut ab und sogar auch von den Flügeln. Nachdem das sogenannte »Subimago« kurze Zeit mit stark wagerecht gelagerten Flügeln ruhig gesessen, fängt es an, diese in andauernd zitternde Bewegung zu versetzen. Gleichzeitig löst sich unter fortwährenden seitlichen Bewegungen des Hinterleibes zuerst das letzte Schwanzende und schiebt sich in der Haut langsam nach vorn, wobei die Seitendörnchen an den Hinterenden der Leibesringe einen wesentlichen Vorschub leisten, denn sie verhindern das Zurückgleiten der vordringenden Theile. Durch dies gewaltsame Drängen des ganzen Thieres gegen Kopf und Brust wird die seine[507] Haut auf dem Rücken des Mittelleibes in der Mittellinie zunächst stark angespannt und endlich gesprengt. Sie zieht sich immer mehr gegen die Flügel zurück, und der Mittelleibsrücken des vollkommen entwickelten Haftes erscheint blank und glänzend in ihrer Mitte, bis unter fortgesetztem Drängen der Kopf heraustritt. Die Flügel senken sich dann dachförmig an den Leib herunter, und es werden aus ihnen die Flügel des Imago und die Vorderfüße fast gleichzeitig hervorgeschoben. Letztere, dicht unter dem Leibe zusammengeschlagen, strecken sich fast im gleichen Augenblicke, in welchem die entwickelten Flügel sich steif in die Höhe richten, und klammern sich fest an den Gegenstand, auf welchem das Subimago sitzt. Nun ruht das Thier einige Sekunden und befreit schließlich den Hinterleib sammt den Borsten sowie die Hinterbeine, als die allein noch umschlossenen Theile, putzt den Kopf und die Fühler mit den Vorderbeinen und entflieht rasch dem Auge des Beobachters. Die Haut allein bleibt sitzen mit zusammengeschrumpften Hinterrändern der Flügelscheiden. Dieser Umstand dürfte den Namen »Haft« veranlaßt haben, und nicht, wie Rösel meint, das Klebenbleiben an frisch getheerten Schiffen. Mir ist aus meiner Jugendzeit, wo ich dergleichen Dinge mit anderen Augen ansah als heutigen Tages, noch in der Erinnerung, eine solche Häutung in der Luft während des Fluges wahrgenommen zu haben. War es Täuschung, war es Wahrheit? Nach dem eben geschilderten Hergange scheint mir die Möglichkeit eines solchen Vorganges nicht ausgeschlossen. Die Verschiedenheiten zwischen Subimago und Imago aufzufinden, setzt einige Uebung voraus.
Jenes erscheint wegen der schlotternden Haut plumper, seine Glieder sind dicker und kürzer, besonders die männlichen Vorderbeine, die Färbung ist unbestimmter und schmutziger; bei diesem treten alle Umrisse und Formen schärfer, die Farben reiner hervor. Alles ist glänzender und frischer, das »Bild« jetzt erst klar und wahr. Uebrigens geben die Flügel untrügliche Merkmale ab, wie Pictet ausführlicher auseinander gesetzt hat.
Die Eintagsfliegen waren den Alten nicht unbekannt. Aristoteles erzählt, daß der Fluß Hypanis, welcher sich in den cimmerischen Bosporus ergießt, zur Zeit der Sommertag- und Nachtgleiche Dinge wie Säckchen von der Größe der Weinkerne mit sich führe, aus welchen ein geflügeltes vierfüßiges Thierchen krieche, welches bis zum Abende herumfliege, dann ermatte und mit der sinkenden Sonne sterbe; es heiße daher Eintagsfliege. Aelian läßt sie aus dem Weine geboren werden. Wird das Gefäß geöffnet, so fliegen die Eintagsfliegen heraus, erblicken das Licht der Welt, und sterben. Die Natur beschenkt sie mit dem Leben, entreißt sie demselben aber so schnell wieder, daß sie weder eigenes Unglück fühlen, noch fremdes zu sehen bekommen können.
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