Sippe: Lausfliegen (Hippoboscidae)

[483] Die Lausfliegen (Coriacea oder Hippoboscidae) haben einen hornigen, am Hinterleibe mehr lederartigen und dehnbaren plattgedrückten Körper. Der wagerechte, quereiförmige Kopf schließt sich mit seinem Hinterrande eng an den Brustkasten, trägt an den Seiten große Augen, sehr kurze, walzenförmige Fühler, welche man leicht übersieht, weil sie sich andrücken, und umgibt die Mundöffnung mit einem wallartigen Rande. Den Saugrüssel bildet hier die Oberlippe und die sie scheidenartig umschließenden Unterkieferhälften, die Unterlippe ist sehr kurz und die Taster fehlen gänzlich. Die langen Flügel zeigen meist nur am Außenrande deutliches Geäder, fallen bisweilen leicht aus oder verkrümmen, die sehr kleinen Schwinger bleiben immer frei und stehen ungewöhnlich tief. Wegen des breiten Brustbeines rücken die Beine weit auseinander; ihre Schenkel sind flachgedrückt, die Füße kurz und derb, das Endglied am längsten, seine zweitheiligen Klauen [483] sehr kräftig. Durch solche Bildung werden diese Fliegen befähigt, mit ungemeiner Gewandtheit und Schnelligkeit vor-, rück- und seitwärts am Pelze von Pferden, Hirschen, Rehen und anderen Säugern, zwischen den Federn der Vögel umherzulaufen, vielleicht richtiger gesagt, umherzukrabbeln. In der Regel lebt eine Art auf einem bestimmten Thiere und saugt dessen Blut, nur Lipoptena cervi macht eine Ausnahme: so lange sie Flügel hat, hält sie sich als die Ornithobia pallida Meigens bis zum Herbste auf Vögeln auf, später (nach der Begattung?) verliert sie die Flügel und schmarotzt dann auf dem Edelhirsche, Rehe und Eber. Im Herbste fliegt sie stellenweise in Wäldern nicht selten umher, setzt sich in das Gesicht vorbeigehender Menschen und an deren Kleider, wie mir scheinen wollte, vorzugsweise an braun gefärbte Gegenstände. Wenn ich mit einem Freunde in von ihnen bewohnte Gegenden kam, wählten sie dessen braun gefärbten, langfilzigen Hut, während ich immer von ihrer Zudringlichkeit verschont blieb. Ihr Umherkrabbeln im Gesichte gehört durchaus nicht zu den angenehmen Empfindungen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 483-484.
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