1. Sippe: Gallenbewohner, Cynipinen

[293] Die schönen rothbäckigen, kugelrunden Auswüchse, welche manchmal zu halben Dutzenden an der Unterseite eines Eichenblattes hängen, kennt jedermann unter dem Namen der »Galläpfel«, weiß auch, daß eine andere, mehr holzige Art, welche aus der Levante zu uns gelangt, bei Bereitung einer brauchbaren Dinte füglich nicht entbehrt werden kann. Man nennt diese und hunderterlei andere Mißbildungen an Pflanzen ganz allgemein Gallen und will damit sagen, daß es krankhafte Wucherungen des Zellgewebes seien, welche unter thierischem Einflusse entstanden und dazu bestimmt sind, der Brut des Erzeugers Nahrung und Obdach zu gewähren. Die Zahl der Kerfe ist nicht gering, welche Gallen hervorbringen: Fliegen, hauptsächlich aus der Sippe der Gallmücken, einige Käfer, Blattläuse, Blatt- und Gallwespen kommen auf das Verzeichnis. Da kein Pflanzentheil von der Wurzel bis zum Zweige, dem Blatte bis zur Blüte und Frucht, vor Gallenbildung gesichert ist, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir eine über alle Erwartung große Mannigfaltigkeit unter diesen Gebilden finden. Der interessante Gegenstand, noch lange nicht hinreichend erschöpft, hat neuerdings die Aufmerksamkeit einiger Forscher auf sich gelenkt, läßt sich hier aber nicht weiter verfolgen, als er mit den Aderflüglern zusammenhängt und sich auf die Gallwespen (Cynipidae), einer besonderen Familie der genannten Insektenordnung, bezieht, welche die vollkommensten Gallen erzeugen.

Indem eines dieser kleinen Wesen, deren wir gleich nachher einige näher kennen lernen werden, an der bestimmten Stelle, welche ihm der Naturtrieb anweist, eine ganz bestimmte Pflanze mit seinem Bohrer ansticht und ein Ei in der Wunde zurückläßt, wird in wunderbarer Weise diese veranlaßt, als Kugel, Zapfen, Kegel, Hörnchen, zottiger »Rosenkönig« oder in wer weiß welcher Form auszuwachsen und so lange fortzuwuchern, als das Insekt dessen bedarf. Dann erst, wenn der Insasse nicht mehr wächst, ist auch die Galle »reif« geworden. Man sieht also sehr wohl die Ursache und ihre Wirkung, begreift aber nicht recht die Art der Wirkung. Diese muß dereinst die Pflanzenphysiologie in Vereinigung mit der Physiologie der Thiere lösen, wir wollen uns zunächst nur die Bedingungen vergegenwärtigen, unter denen eine Galle zu Stande kommen kann. Zunächst ist die vollkommene Lebensfähigkeit des betreffenden Pflanzentheiles und die Möglichkeit, sich an der Mutterpflanze weiter zu entfalten, Vorbedingung. Denn jede Galle geht ein, sobald man den sie tragenden Pflanzentheil abschneidet, mag man ihn auch noch so lange durch Einsetzen in Wasser frisch erhalten können. Eine zweite Bedingung ist die Verwundung des gesunden Pflanzentheiles durch die Eier legende Gallwespe. Dieselbe besitzt einen borstenartigen, sehr feinen Bohrer, der im Leibe verborgen ist, aber weit vorgestreckt und in den Pflanzenkörper eingestochen werden kann, wenn durch ihn das Ei in die Wunde gelangen soll. Mit dem Eie hat die Pflanze einen fremdartigen Körper aufgenommen und wird, wie jeder Organismus, dagegen reagiren, um so mehr, als auch dieser nicht unverändert bleibt, sondern sich weiter entwickelt. Zunächst handelt es sich um den Anstoß zu dem nun erfolgenden abweichenden Wachsthume, ob es in Form einer Kugel, einer Linse, einer Eichel usw. vor sich gehen soll. Der Bildungssaft der Eiche überhaupt, [293] dieser besonderen Eichenart, die Stelle, an welcher die Wirkungen eintreten, ob Blattfleisch, Blattrippe, ob Rinde, ob junges Holz usw., mag hierbei von wesentlichem, aber nicht von ausschließlichem Einflusse sein; denn wie könnte sich sonst dieselbe Form, beispielsweise die der Kugel, an verschiedenen Stellen: am Blattfleische, am jungen Holze entwickeln, oder wie könnten umgekehrt die verschiedensten Formen oft gleichzeitig an demselben Eichenblatte zu Stande kommen? Hier muß also noch etwas anderes wirken, als der Bildungsstoff und der bloße Reiz, es muß der jeder Gallwespe eigenartige, beim Legen mit ausfließende Saft, das »Gallwespengift«, wie wir ihn für die Pflanze bezeichnen dürfen, diese bedeutenden Verschiedenheiten bewirken. Eine fernere Bedingung zum Gedeihen der Galle liegt endlich in der Entwickelung und fressenden Thätigkeit der Wespenlarve im Inneren jener. Denn das Fortwachsen der Galle hört auf und dieselbe verkümmert, wenn das Larvenleben auf einer allerdings noch nicht ermittelten Entwickelungsstufe beider zu Grunde geht. Die Gallwespen haben außerordentlich zahlreiche Schmarotzer, diese mögen in vielen Fällen die Gallwespenlarven hinsichtlich der Weiterbildung der Galle vertreten, in anderen aber nicht; denn man findet verkümmerte Gallen, in denen alles thierische Leben fehlt, und da wurde es zu zeitig für deren Fortbildung getödtet.

Auf solche wunderbare Weise wird die Galle zu einem Schmarotzer der Pflanze, welcher nicht mehr ihr, sondern dem thierischen Einwohner dient. Das Gallinsekt gewinnt mithin eine Herrschaft über die Pflanze, wie kein anderes Insekt weiter, wie der Mensch mit seinen Veredelungsversuchen nimmermehr.

Die von den Gallwespen erzeugten Gallen sind vollkommen geschlossen und öffnen sich nicht von selbst, wie viele andere Gallen, sondern werden von den vollendeten Wespen durchnagt, wenn diese schließlich dem Freiheitsdrange alles Lebenden folgen. Eine Raupe, welche im Blattfleische minirt, ein Holzwurm, welcher schrapend alte Breter ausarbeitet, sie beide haben eine gewisse Freiheit; sie werden zwar beengt durch den Nahrungsstoff in ihrer Umgebung, können ihn aber da fortschaffen, wo es ihnen gefällt, und hierdurch ihre Wohnung beliebig erweitern. Anders verhält es sich mit der Made der Gallwespe. Dieselbe liegt in einem festeren, steinartigen Kerne, der sogenannten Larvenkammer, gleich dem Samen der Kirsche oder Pflaume in ihrem Steinkerne. Auf diese enge Klause ist sie beschränkt, diese und die weitere Umhüllung, mehr fleischiger oder holziger Natur, hat der Kerf zu durchbrechen, wenn die Verwandlung vollendet ist. Der gemeine Gallapfel enthält in seinem Mittelpunkte nur eine Larvenkammer und gehört daher zu den einkammerigen Gallen; welcher Art die mehrkammerigen sein müssen, erklärt sich hieraus von selbst. Je nach ihrer Beschaffenheit, ob holzig, fleischig, mehlig usw., nach ihrer Anheftungsstelle, ob Blatt, Wurzel, Knospe, Frucht sie erzeugten, ihrer Gestalt und der Art der Gruppirung, wenn mehrere beisammen sind, gibt es eine Menge von näheren Bezeichnungen für die Galle, welche allermeist keiner weiteren Erklärung bedürfen. Der Regel nach hat jedes Erzeugnis einer Gallwespe seinen bestimmten Platz an einer bestimmten Pflanze und erscheint stets in derselben Form. Keine Regel ohne Ausnahme: die Gallen des Spathegaster baccarum kommen an den Blättern, aber auch an den Blütenkätzchen der Eiche vor, die Rosen-Gallwespe sticht für gewöhnlich die Zweige an, welche zu den bekannten »Rosenkönigen« auswachsen, kann aber auch außer der Wurzel jeden anderen Theil des Rosenstrauches beglücken. Eine interessante ungeflügelte Gallwespe, die Biorhiza aptera, lebt für gewöhnlich in Wurzelgallen der Eiche, ist aber auch an der Wurzel der Kiefer gefunden worden. Möglich, daß sich bei aufmerksamer und eifrig fortgesetzter Beobachtung die Zahl derer noch vermehrt, welche ihren Standort verändern. Nicht nur in der Größe wechselnd, sondern auch in der Farbe und mit unwesentlichen Abänderungen der Form, kommen bisweilen Gallen ein und derselben Art vor. Neuerdings will von Osten-Sacken in Nordamerika aus zwei verschiedenen Gallformen die verschiedenen Geschlechter ein und derselben Art erzogen haben. Die Gallmücken leben an den verschiedensten Pflanzen, die Gallwespen mit sehr geringen Ausnahmen an den verschiedenen Eichenarten, so daß man in dieser Beziehung die Eiche so recht [294] eigentlich den »Baum der Einheit« nennen könnte, weil sich in seinem Inneren wie an seinem Aeußeren mehr Kerfe ernähren und friedlich beieinander wohnen, als irgend wo anders. An der Eiche kommen allein nach Mayr (»Die mitteleuropäischen Eichengallen in Wort und Bild«, Wien 1871) in Mitteleuropa zwei Wurzel-, acht Rindengallen, neununddreißig Knospen-, vierunddreißig Blatt-, neun Staubblüten- und vier Fruchtgallen vor. Für Frankreich und das südliche Europa gestalten sich die Verhältnisse wieder anders, ebenso ernähren die nordamerikanischen Eichen andere; von Osten-Sacken zählt achtundzwanzig an den nordamerikanischen Eichen, besonders um Washington, auf. Außer der Eiche kommen Ahorn, Vogelbeerbaum, wilde Rosen und Brombeeren in Betracht. Von krautartigen Pflanzen sind in dieser Beziehung kaum der Rede werth einige Korbblümler (Hieracium, Centaurea, Scorzonera), wilder Mohn, Gundermann, Königskerze und noch einige zweisamenlappige Gewächse. Nach den unzureichenden Beobachtungen in außereuropäischen Ländern, welche über diesen Gegenstand bekannt geworden sind, fehlt es zwar nirgends an Gallen, wohl aber überall an der Menge von Gallwespen, welche unsere Heimat ernährt. Von Alexandria bis zum Ende der Sinaitischen Halbinsel fand von Frauenfeld sehr zahlreiche Gallen an der Tamariske, behauptet aber, daß nicht eine davon einer Cynipide angehören könne. Schrader, welcher sich über gallenerzeugende Insekten Australiens verbreitet, hat gleichfalls nur wenig Gallwespen, sondern hauptsächlich Fliegen, Schild- und Blattläuse aufzuzeichnen.

Das Studium der Gallinsekten kann hauptsächlich nur durch die Zucht derselben gefördert werden, welche aber – Geduld erfordert, vornehmlich aus zwei Gründen. Sammelt man die Gallen zu einer Zeit, welche ihrer Reife noch zu fern liegt, so vertrocknen sie und die Larven darin natürlich auch; sie in Wasser zu setzen, schützt wenig vor dem Mißlingen. Trifft man aber den günstigen Zeitpunkt der Reife, so folgt noch lange nicht daraus, daß man nun auch Bekanntschaft mit ihren Erzeugern werde machen müssen. Dieselben werden nämlich zu häufig von Schmarotzern bewohnt, um nicht deren verhältnismäßig mehr zu erziehen als jene. Neben der Geduld wird daher auch große Um- und Vorsicht nöthig, wenn die Wissenschaft in Wahrheit gefördert werden soll.

Die Gallwespen selbst, denen wir uns nun zuwenden, unterscheiden sich zunächst von allen bisher besprochenen Immen durch die zweigliederigen Schenkelringe, welche sie mit den übrigen noch folgenden gemein haben, außerdem erkennt man sie leicht an der eigenthümlichen Bildung ihrer Vorderflügel. Denselben fehlt zunächst das Mal und jede Mittelzelle, nur eine geschlossene Rand- und zwei geschlossene Unterrandzellen kommen bei ihnen außer den beiden Schulterzellen vor. Hierbei unterscheidet man zwei Hauptformen, entweder ist nämlich die erste Unterrandzelle sehr schmal und lang, die zweite bildet ein bis zum Verschwinden kleines Dreieck und die dritte wird wegen des abgekürzten Cubitus nicht geschlossen, oder die erste ist größer, unregelmäßig viereckig, gewissermaßen durch Verschmelzung der ersten und zweiten in der eben besprochenen Form entstanden, während die dritte vom Saume und von dem bis dahin reichenden Cubitus geschlossen wird; zwischen beide schiebt sich die dreieckige, breite Randzelle mit einem fast rechten Winkel ein. Die Hinterflügel haben höchstens eine einzige Ader, also auch keine Zelle. Es finden sich Arten, deren Weibchen verkümmerte oder gar keine Flügel tragen und darum gewissen kleinen Schlupfwespen nahe stehen; aber wegen ihres abgerundeten, von den Seiten zusammengedrückten Hinterleibes und wegen noch anderer Merkmale nicht wohl mit diesen zu verwechseln sind.

Alle Gallwespen stellen sich uns als unscheinbare, kleine Thierchen von durchschnittlich 4,5 Millimeter Länge vor; wenige werden größer, sehr viele erreichen aber nicht einmal das Maß von 2,25 Millimeter; sie sind schwarz, schwarz und heller roth bis braun oder ganz hellbraun und in keinerlei Weise mit lichten Zeichnungen verziert. Die geraden, nicht gebrochenen Fühler sind fadenförmig oder verdicken sich allmählich und schwach nach vorn; sie bestehen aus zwölf bis funfzehn, meist recht deutlich abgesetzten Gliedern, deren erstes am dicksten, zweites sehr kurz und drittes meist das längste ist; beim Männchen kommen gewöhnlich eins oder zwei mehr vor als beim [295] Weibchen, oft auch ein gekrümmtes oder ausgerandetes drittes Glied und größere Schlankheit. Der Kopf ist klein, fast kreisrund und steht tief unten, weil sich der Mittelleib hoch wölbt und buckelig erhebt, trägt auf dem Scheitel drei Nebenaugen und hat mäßig entwickelte Mundtheile, eine sehr kleine Oberlippe, kurze, meist zweizähnige Kinnbacken, am Ende verbreiterte und gefranste Unterkiefer, eine breite, nicht ausgeschnittene Unterlippe mit sehr kurzer Zunge und kaum vorragende Taster, welche vier- bis fünfgliederig dort, zwei- bis dreigliederig hier an der Lippe sind. Der kurze, von den Seiten zusammengedrückte Hinterleib, bisweilen so gedrückt, daß am Bauche oder auch am Rücken eine kielartige Zuschärfung hervortritt, sitzt am Hinterrücken, steht in anderen Fällen mit diesem durch ein kurzes Stielchen oder einen Ring in Verbindung, welche man, wie bei den Ameisen, als Mittelglied betrachtet und ihm nicht zuzählt. Die Rückenringe gleichen nur selten einander in der Länge, und das letzte Bauchglied ragt wenigstens beim Weibchen in Form einer kleineren oder größeren Schuppe über die Rückenschuppe hinaus, und beide klaffen an der Spitze oft weit auseinander. Die Legröhre des letzteren ist eine feine, zum Theil sehr lange, im Innern des Leibes gewundene Borste, welche in der Ruhe nicht herauszutreten pflegt. Die Hinterleibsspitze endet beim Männchen immer stumpfer; außerdem unterscheidet sich dieses durch die geringe Größe sowie häufig noch durch eine andere Fühlerbil dung vom Weibchen. Zu einer Reihe von Arten hat man bisher noch kein Männchen aufgefunden und muß somit eine Fortpflanzung ohne vorhergegangene Befruchtung (Parthenogenesis) annehmen.

Wie bei weitem nicht alle Gallen von Gallwespen herrühren, so entwickeln sich umgekehrt nicht alle ihrer äußeren Erscheinung nach zur Familie gehörigen Wespen aus Gallen, sind echte Gallwespen, sondern ein gut Theil derselben legt seine Eier an bereits vorhandene, junge Gallen, wo sich die daraus entstandene Made von dem Pflanzenstoffe ernährt; diese sind Einmieter oder Aftergallwespen genannt worden, und können deren zwei Arten in einer Galle leben. Nach Mayrs neuesten und umfassenden Beobachtungen (»Die Einmieter der mitteleuropäischen Eichengallen«) über diesen Gegenstand lassen sich im Verhältnisse des Einmieters zum Wirte vier verschiedene Fälle unterscheiden: er lebt in der Larvenkammer der echten Gallwespe, die im jugendlichen Larvenalter zu Grunde geht, und jene wird durch dünne Häute in so viele Kammern getheilt als Larven vorhanden sind. Zweitens kann die Kammer der echten Gallwespenlarve und ein Theil des umgebenden Zellgewebes zerstört und an deren Stelle ein Hohlraum getreten sein, welcher gleichfalls von den Einmieterlarven in Kammern getheilt ist. Die natürliche Höhlung gewisser Gallen wird von Einmie terlarven bewohnt und auch erweitert, ohne daß hierdurch der ursprünglichen Erzeugerin Abbruch geschieht; endlich sind viertens die Kammern der Einmieter im Parenchym rings um die Larvenkammer vertheilt, und beide entwickeln sich ungestört nebeneinander. Sicher sind bisher die drei Gattungen Synergus, Sapholytus und Ceroptres als Einmieter erkannt worden.

Eine dritte Reihe von Cynipiden lebt im Larvenzustande ganz so wie eine Schlupfwespe in und von anderen Insekten und schmarotzt mithin in vollkommenster Weise; es sind die zahlreichen Schmarotzer-Gallwespen.

Die in Gallen lebenden Larven, gleichviel ob deren Erzeuger oder bloße Einmieter, sind dicke, nackte, etwas gekrümmte Maden mit hornigem Kopfe, an welchem kräftige Oberkiefer, aber keine Augen sitzen, und schließen sich somit in ihrer allgemeinen Bildung den Larven der vorhergehenden Familien an; die echten Parasiten mögen mit ihrem Wachsthume ähnliche Veränderungen erleiden, wie sie Ratzeburg bei einigen Schlupfwespen beobachtet hat. Wie überall geht die Entwickelung bei verschiedenen Arten in längerer oder kürzerer Zeit vor sich, nur darin stimmen sie alle überein, daß sie sich in ihrer Galle verpuppen, dabei meist kein Gespinst fertigen und als breite Puppen nur kurze Zeit ruhen. Einige können als Larve, andere als Wespe, aber auch diese in der noch nicht geöffneten Galle, überwintern. Ein rundes Loch in dieser beweist allemal, daß der Insasse seinen Kerker verlassen hat, und oft entscheidet die Größe des Loches, ob die zu erwartende Gallwespe oder ein Schmarotzer daraus hervorging.

[296] Die Eichen-Gallwespen (Cynips), obschon ohne Männchen, liefern die Grundform der größten echten Gallwespen und lassen sich als Gattung leicht erkennen an dem mehr oder weniger zottig behaarten Rücken des Mittelleibes, an dem fast halbkugeligen, großen Schildchen, an dem sitzenden, runden und zusammengedrückten Hinterleibe, dessen erstes Glied jedes der anderen an Länge übertrifft, und an den nach vorn schwach verdickten Fühlern. Die Randzelle der Vorderflügel ist gestreckt, die zweite Unterrandzelle sehr klein und dreieckig und an dem Grunde jener gelegen. Die Kiefertaster werden von fünf, die Lippentaster von zwei Gliedern zusammengesetzt. Neuerdings hat man nach Försters Vorgange von Cynips zwei Gattungen abgeschieden, indem man den Arten mit anliegendem Seidenhaare an der Hinterleibsspitze den alten Namen belassen, diejenigen ohne diese Behaarung Aphilothrix und die mit abstehender Behaarung an Beinen und Fühlern Dryophanta genannt hat. Dieser Spaltung ist bei Benennung der wenig besprochenen Arten hier keine Rechnung getragen worden.


1 Gemeine Gallapfelwespe (Cynips scutellaris), Wespe in natürlicher Größe, f vergrößert, g Gallapfel, h derselbe gespalten mit der Larve in ihrer Kammer. 2 Torymus regius, ein Schmarotzer derselben. 3 Eichenzapfen-Gallwespe (C. gemmae), a Galle, b geschlossene, c geöffnete Larvenkammer mit der Larve, d letztere vergrößert.
1 Gemeine Gallapfelwespe (Cynips scutellaris), Wespe in natürlicher Größe, f vergrößert, g Gallapfel, h derselbe gespalten mit der Larve in ihrer Kammer. 2 Torymus regius, ein Schmarotzer derselben. 3 Eichenzapfen-Gallwespe (C. gemmae), a Galle, b geschlossene, c geöffnete Larvenkammer mit der Larve, d letztere vergrößert.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 293-297.
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