Rauhfüßige Bürstenbiene (Dasypoda hirtipes)

[227] Die rauhfüßige Bürsten- oder Hosenbiene (Dasypoda hirtipes Ltr., Fig. 1, 2, S. 228), welche Europa in seinem größten Theile bewohnt, soll wegen der Schönheit ihres Weibchens nicht unerwähnt bleiben, obwohl über die Lebensweise nichts von Belang zu berichten ist. Wie seine zahlreichen Basen und Muhmen bettet das Weibchen seine Nachkommen ohne künstlichen Bau in ein Loch der schmutzigen Erde. Was nun den Körperbau anlangt, so liegt die lanzettförmige Randzelle mit ihrer Spitze der Randader an, und von den beiden geschlossenen Unterrandzellen nimmt die kürzere zweite die rücklaufenden Adern nahe bei ihren Enden auf. Das zweite Geiselglied der Fühler verdünnt sich stielartig, die Lippentaster bestehen aus vier Gliedern, und die Zunge, zwar nicht so kurz wie bei den Andrenen, kann ebensowenig lang genannt werden. Was der Biene ihr hübsches Ansehen verleiht, sind die langen, fuchsrothen Haare, welche, wie bei einer Flaschenbürste, rings um die hintersten Schienen sammt ihrer Ferse stehen, ferner die weißen Haarbinden hinten am zweiten bis vierten Gliede des kurz schwarzhaarigen Hinterleibes; derselbe plattet sich ab, beschreibt eine Ellipse und wird an der Spitze durch längere, schwarze Endfransen breiter. Brustkasten und Wurzel des Hinterleibes sind dicht fuchsroth bekleidet, grau untermischt, der Kopf schwarz, nach hinten vorherrschend grau; 11 bis 13 Millimeter Länge räumen ihr einen Platz unter den stattlicheren Sippengenossen ein. Ganz anders und bei weitem nicht so schön stellt sich das häufigere Männchen dar. Es ist kleiner, hat einen spindelförmigen, bedeutend gewölbteren Hinterleib, längere Fühler, deren zweites Geiselglied keinen Stiel bildet, und ein gelblichgraues, sparsameres Haarkleid, welches die Hinterränder der Leibesringe entschieden lichter erscheinen läßt. Ich habe die Hosenbiene immer nur von Mitte Juli bis Ende August zu sehen bekommen.

Die Erd- oder Sandbienen (Andrena) liefern mit der folgenden Gattung zusammen, in den mittleren und nördlichen Gegenden unseres Vaterlandes wenigstens, sicher den dritten Theil aller wilden Bienen, welche die honigspendenden Blumen besuchen und durch ihre rastlose Thätigkeit unter traulichem Gesumme den blütenreichen Landschaften vom Frühlinge an einen besonderen Reiz verleihen. Die Sandbienen beginnen den Reigen. Sie sind es, welche im ersten Frühjahre wilden Fluges in Gesellschaft der besonneneren und ruhigeren Hausbiene um die Weidenkätzchen, blühenden Stachelbeersträucher und andere Erstlinge des jungen Jahres sausen und sich lange besinnen, ehe sie sich niederlassen, um schmausend das Auferstehungsfest der lebenden Schöpfung zu feiern. Sie sind es, die an sonnigen Hängen aus ihren Wiegen Loch bei Loch emporsteigen und sich an solchen Stellen in Massen umhertreiben, um ihren Nachkommen Pflanzstätten [227] zu bereiten. Ihre Nester legen sie größtentheils in sandigem Boden an, indem sie in schiefer Richtung eine dreizehn bis dreißig Centimeter tiefe Röhre graben, an deren Enden rundliche Höhlungen ausarbeiten oder kurze Verzweigungen der Hauptröhre, wo die Zellen mit auffallend reichlichem Blütenstaube gefüllt werden. Nachdem jede derselben überdies noch ein Ei erhalten hat, wird nicht nur sie, sondern auch das Eingangsloch zu dem Baue mit Erde verschlossen. Die Sandbienen haben eine kurze, lanzettförmige Zunge, die sich im Ruhestande nicht zurückschlägt, sondern auf der Oberseite des Kinnes zurückzieht, von Gestalt der Figur 3 auf Seite 5, so daß Westwood die Bienen anderen Verwandten als »Spitzzüngler« entgegengestellt hat. Die zugehörigen Taster sind eingestaltig und viergliederig, die des Unterkiefers sechsgliederig. Die Randzelle der Vorderflügel wird in der hinteren Hälfte wenig schmäler und liegt mit der gerundeten Spitze der Randader nicht an.


1, 2 Rauhfüßige Bürstenbiene (Dasypoda hirtipes), Weibchen, Männchen. 3. 4 Schranks Erdbiene (Andrena Schrankella), Männchen, Weibchen. 5, 6 Greise Erdbiene (A. cineraria), Weibchen, Männchen. 7, 8 Braungeschenkelte Erdbiene (A. fulvicrus), Männchen, Weibchen. 9, 10 Große Ballenbiene (Hylaeus grandis), Männchen, Weibchen. Alle in natürlicher Größe.
1, 2 Rauhfüßige Bürstenbiene (Dasypoda hirtipes), Weibchen, Männchen. 3. 4 Schranks Erdbiene (Andrena Schrankella), Männchen, Weibchen. 5, 6 Greise Erdbiene (A. cineraria), Weibchen, Männchen. 7, 8 Braungeschenkelte Erdbiene (A. fulvicrus), Männchen, Weibchen. 9, 10 Große Ballenbiene (Hylaeus grandis), Männchen, Weibchen. Alle in natürlicher Größe.

Von den drei geschlossenen Unterrandzellen erreicht die erste fast die Länge der beiden anderen zusammen, die zweite ist die kleinste, ziemlich quadratisch und nimmt den ersten rücklaufenden Nerv fast in ihrer Mitte auf, die dritte verengt sich bedeutend nach oben und empfängt die andere der eben genannten Adern weit hinter ihrer Mitte. Die ganze Außenseite der Hinterbeine bis zum Ende der Ferse ist beim Weibchen mit dichten Sammelhaaren besetzt und nicht minder die Seiten des Mittelleibes; innen an der Ferse bildet kürzeres, dichtes Haar die schon öfters erwähnte Bürste, so daß die Weibchen an allen diesen Theilen dicht mit Blütenstaub bedeckt heimkehren. Die Fußklauen sind hinter ihrer Mitte mit einem Seitenzähnchen versehen und haben zwischen sich ein merkliches Hautläppchen. Der Hinterleib verschmälert sich an seiner Wurzel, ist oval, lanzettförmig oder eirund. An ihm erkennt man leicht den Unterschied beider Geschlechter. Beim Weibchen ist er flacher gedrückt, an der Spitze, d.h. am fünften Ringe, mit einer Haareinfassung, der »Endfranse«, versehen, welche das kleine sechste Glied mehr oder weniger bedeckt. Das kleinere Männchen, obschon im Hinterleibe gestreckter und oben mehr gewölbt, nimmt in ihm doch nie die Linienform an; durch die Fühler unterscheidet es sich kaum [228] vom Weibchen, denn sie werden unmerklich länger; dafür ist ihm ein starker Haarschopf im Gesichte eigen und die Oberlippe manchmal in ihrer ganzen Ausdehnung licht gefärbt, niemals aber bloß am Vorderrande; weil es nicht einsammelt, fällt bei ihm die Behaarung der Hinterbeine viel sparsamer aus, als beim Weibchen.

Die Erdbienen sind reich an Schmarotzern, unter denen die kleinen Wespenbienen (Nomada), ferner ein merkwürdiges Thier, welches wir später unter dem Namen Stylops näher kennen lernen werden, und selbst die Larven von Käfern (Meloë) eine hervorragende Rolle spielen.

Nach Färbung und Bekleidung des Körpers lassen sich die zahlreichen Arten – Smith führt in seinem Verzeichnisse der englischen Bienen deren achtundsechzig auf – in solche gruppiren, deren Hinterleibshaut schwarz und roth gefärbt, in solche, wo sie einfarbig schwarz, manchmal mit blauem Schimmer, aber ohne Binden ist, und endlich in solche, deren weniger entschieden schwarzen Hinterleib helle Binden verzieren, welche mehr oder weniger dicht anliegender Behaarung ihren Ursprung verdanken. Diese letzte Abtheilung enthält die meisten und zum Theil unter sich sehr ähnlichen Arten. Aus jeder dieser drei Abtheilungen möge eine in Abbildung vorgeführt werden.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 227-229.
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