Kothsack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris)

[331] Die Kothsack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris, Fig. b, S. 332), eine nicht eben seltene Art, mag uns alle diese Verhältnisse etwas genauer erläutern. Die schmutziggrüne Larve (Fig. a) hat nur sechs Brustfüße, siebengliederige, lange Fühler, am After ein Hornhäkchen und seitwärts je ein dreigliederiges Anhängsel. Sie lebt im Juli an drei- und vierjährigen Kiefern, wo sie das röhrenförmige, durch ihren Koth undurchsichtige Gespinst kenntlich macht. Sie selbst hält sich darin versteckt und kommt meist nur am unteren Gespinsttheile mit dem Vorderkörper hervor, um eine außerhalb befindliche Nadel von der Spitze bis zur Wurzel abzuweiden, was sie ungefähr in einer Stunde fertig bringt. Sind alle Nadeln im Bereiche ihres Nestes verzehrt, so verlängert sie dasselbe und kann auf diese Weise den ganzen Maitrieb des jungen Bäumchens vernichten. Ende August ist sie erwachsen, in einem warmen Sommer schon früher, läßt sich an einem Faden herab und gräbt sich bis dreizehn Millimeter tief in lockere Erde ein, bereitet aus dieser ein bohnenähnliches, loses Gespinst und verschläft hier in gekrümmter Stellung den Herbst und Winter. Mitte April des nächsten Jahres kann man unter Umständen statt ihrer eine Puppe finden, es ist aber auch möglich, daß Ende Mai die Larve noch unverwandelt liegt, ausnahmsweise sogar das ganze laufende Jahr hindurch. Vierzehn Tage ungefähr ruht die Puppe, dann erscheint die Wespe, welche sich ziemlich versteckt zwischen den Nadeln hält und darum wenig bemerkt wird. Geht man bei warmem Sonnenscheine durch jene Schonungen, in welchen sie sich aufhält, so fliegt sie scheu auf und verräth sich durch schwaches Summen mit den Flügeln. Ihr Körper ist bis auf die größere, röthlichgelbe Hinterleibsmitte (Glied 2 bis 5) glänzend blauschwarz, Mund, Fühler, ein Augenfleck, Schildchen, Kniee, Schienen, Füße und Flügel sind gelb, letztere auf dem Male blaufleckig. Die Vorderschienen haben zwei End- und zwei Seitendornen, die mittleren zwei der letzteren Art übereinander, die hintersten nur einen und auch nur einen am Ende. Diese Dornenverhältnisse ändern sich bei anderen Arten, darum müssen sie, wie die Oberflächenverhältnisse des [331] Scheitels zu seiner Umgebung sowie die Beschaffenheit der schmalen Wurzelzelle am Vorderrande des Vorderflügels, stets genau geprüft werden, wenn es sich um Artunterschiede handelt. Die eben genannte Zelle ist hier durch eine an der Spitze gegabelte Längsader in drei Theile zerlegt, während bei anderen durch Wegfall des oberen Gabelästchens nur zwei Theile entstehen. Ebenso steht hier der Scheitel nicht polsterartig über seine Umgebung heraus, wodurch sich andere Arten auszeichnen. An dem Vorderflügel unterscheidet man überdies zwei Rand- und vier Unterrandzellen, deren letzte sich nicht vollkommen schließt. Das befruchtete Weibchen setzt seine Eier, höchstens ihrer drei, auf ein Bäumchen an verschiedene Zweige des Maitriebes ab, dieselben nur anklebend, und die Folgen davon haben wir bereits kennen gelernt.


a Gespinst und Larve der Kothsack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris), b Wespe. Kiefern-Kammhornwespe (Lophyrus pini), c Weibchen, d Männchen, e Kiefernzweig mit Larven, f Puppengehäuse. (Nur c vergrößert.)
a Gespinst und Larve der Kothsack-Kiefernblattwespe (Lyda campestris), b Wespe. Kiefern-Kammhornwespe (Lophyrus pini), c Weibchen, d Männchen, e Kiefernzweig mit Larven, f Puppengehäuse. (Nur c vergrößert.)

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 331-332.
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