3. Sippe: Chalcidien

[304] Hinsichtlich der allgemeinen Körpertracht den vorher erwähnten Eierwespen sehr nahe stehend, unterscheidet sich die artenreiche Gattung Pteromalus doch wesentlich und vor allem durch den grubig eingedrückten Rücken des Hinterleibes von jenen. Die dreizehngliederigen Fühler sitzen mitten in dem kaum punktirten Gesichte und haben am Grunde der schwach keulenförmigen Geisel zwei sehr kleine Ringel. Den Hinterleib kann man höchstens als anhangend bezeichnen, denn ein deutlicher Stiel läßt sich nicht wahrnehmen, und beim Weibchen ragt der Bohrer nicht hervor. Sonst weisen weder Beine noch Flügel ein besonderes Merkmal auf, es sei denn der ziemlich lange Ast der Unterrandader, an dessen Knopf man mindestens ein Zähnchen erkennen kann. Der Hinterleib aller Arten glänzt metallisch grün, bisweilen mit blauem Schiller, von den fünf meist lichten Fußgliedern ist nur das Klauenglied schwarz; dunkle Flecke der Flügel, stärkere oder schwächere Punktirung des Mittelrückens, Farbe der Fühler und Beine müssen an letzter Stelle bei Unterscheidung der Arten zu Hülfe kommen. Die Pteromalen leben in Rinden-und Holzkäfern, in Gallwespen, einige in Schild- und Blattläusen, Fliegenmaden, und der sehr verbreitete Pteromalus (Diplolepis) puparum, Fig. a, in den Puppen mehrerer Tagschmetterlinge, wie in denen der Eckfalter und Kohlweißlinge. An Stellen, wo deren Puppen sich aufhalten, treiben sich die Zehrwespchen unbemerkt [304] umher, sobald aber die Raupe zum letztenmale ihre Haut abgestreift hat und nun als noch sehr weichhäutige Puppe dahängt, spaziert auch dies und jenes Weibchen der Rauhflügelwespe auf ihrer Oberfläche umher und beschenkt ihr Inneres mit einer Menge von Eierchen, mag dies Opfer auch noch so sehr mit den Hinterleibsgliedern wirbeln und sich bewegen, das einzige Vertheidigungsmittel, welches der Hülflosen zu Gebote steht, es fand keine Berücksichtigung. Mit der Zeit verliert die Puppe ihre Beweglichkeit vollständig, wird mißfarbig, zuletzt siebförmig durchlöchert, weil sich ein Wespchen nach dem anderen aus der allein noch übrig gebliebenen Puppenhaut herausbohrt, sobald seine Zeit gekommen ist, d.h. sobald neue Schlachtopfer für die legenden Weibchen vorhanden sind. Im Sommer erfolgt die Entwickelung unserer Art innerhalb vier Wochen, in den überwinternden Puppen bleiben auch die Wespchen, welche sie bis zu funfzig Stück anfüllen. Die gedrungenen Formen, welche wir auf dem Eichenlaube erblicken, vom herrlichsten Stahlblau und Metallgrün erglänzend, leben in verschiedenen Gallen.


1 Gestielte Schenkelwespe (Smicra clavipes). 2 Pteromalus puparum. 3 Skizzen verschiedener Chalcidier. Alles vergrößert.
1 Gestielte Schenkelwespe (Smicra clavipes). 2 Pteromalus puparum. 3 Skizzen verschiedener Chalcidier. Alles vergrößert.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 304-305.
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