Sippe: Wolfsspinnen (Lycosidae)

[670] Mehr Luftschiffer als die Krabbenspinnen liefert die Familie der Wolfsspinnen (Citigradae, Lycosidae), welche gleichzeitig durch die ansehnliche Größe einzelner ihrer kräftigsten Arten für unsere gemäßigten Gegenden die Buschspinnen der Gleicherländer vertritt. Die Wolfsspinnen, um die neuerdings vielfach aufgelöste Gattung Lycosa sich scharend, sind auf der ganzen Erde verbreitet und durch ihre äußere Erscheinung, ihre Größe, die Schnelligkeit ihres Laufes, welche die langen Beine bedingen, die Wildheit ihrer Bewegungen, das plötzliche und unerwartete Hervorstürzen unter einem aufgehobenen Steine oder aus einem anderen Schlupfwinkel, in welchem sie gestört wurden, mehr als die meisten anderen Spinnen dazu angethan, ein Vorurtheil und einen geheimen Abscheu gegen das ganze Spinnenvolk zu erwecken. Fritsch erwähnt gelegentlich eine nicht näher bezeichnete Art aus Südafrika, deren Hinterleib die Größe einer starken Haselnuß und deren mittlere Beine eine Spannweite von etwa 157 Millimeter erreichen. Die Gefahr, von ihr gebissen zu werden, sei größer als bei den Buschspinnen, weil sie sich als wenig erfreulicher Stubengenosse gern in Häusern einfinde. Es sei selbst für den Naturfreund kein eben angenehmes Gefühl, wenn er des Abends ruhig im Zimmer sitze und, sich nach einem eigenthümlichen Rascheln umwendend, ein solches Ungethüm an den steifen Vorhängen herabspazieren sehe. Viele Wolfsspinnen leben in Erdlöchern, deren Wände sie mit einem Gespinste austapeziren.


Eiersäckchen einer Wolfsspinne.
Eiersäckchen einer Wolfsspinne.

Die einen tragen ihr Eiersäckchen am Bauche mit sich umher oder sitzen wie brütend über ihm; andere hängen dasselbe, zierlichen Früchten vergleichbar, an Kiefernadeln oder niedere Pflanzen in der Weise, wie die nebenstehende Abbildung vergegenwärtigt; noch andere thun dies in ähnlicher Weise, aber das Nestchen erscheint weniger regelmäßig und durch anhaftenden Lehm oder Sand nicht in so glänzend weißer Farbe.

Einige recht augenfällige Merkmale lassen die Wolfsspinne als solche erkennen. Der Vorderleib verschmälert sich stark nach vorn und erhebt sich längs seiner Mitte in Form eines stumpfen Kieles. Die Augen stehen in drei Reihen, vier kleine vorn gedrängt in einer meist geraden Linie, zwei bedeutend größere dahinter und einander genähert, die beiden letzten, gleichfalls großen, noch weiter nach hinten und weit auseinander gerückt. Von den schlanken Beinen übertrifft das letzte Paar alle anderen an Länge, aber alle laufen in die gewöhnlich gebildeten zwei Hauptkrallen und in eine meist ungezähnte Vorkralle aus, nur einer Gattung (Zora) fehlt diese gänzlich. Eine mehrzähnige Klaue bewehrt die weiblichen Taster.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 670-671.
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