Moloch (Moloch horridus)

[216] Zu den Agamen zählt endlich noch eine der auffallendsten Echsen überhaupt, der Moloch (Moloch horridus), Vertreter einer gleichnamigen Sippe (Moloch), aus Australien. Der Kopf ist sehr klein und schmal, kaum breiter als der Hals, der Leib kräftig, in der Mitte verbreitert und flach gedrückt, also krötenartig, der ungesähr leibeslange Schwanz rundlich, am Ende abgestumpft. Die Beine sind lang und schwächlich, die fünfzehigen Füße kurz. Auf der Mitte des Halses erhebt sich ein länglicher Höcker, zu beiden Enden desselben stehen kleinere ab. Kopf, Hals und Leib sind mit unregelmäßigen Schildern bekleidet, von denen jeder einzelne einen rosendornähnlichen, jedoch ziemlich geraden Stachel trägt. Diese Stacheln sind verschieden lang und verschieden gebogen. Die größten und gekrümmtesten bewehren beide Seiten des Kopfes, gleichsam nach Art der Hörner eines Säugethieres; verschieden große finden sich auf der Halsmitte und an den beiden Seitenhöckern des Halses sowie längs des ganzen Schwanzes, die kleinsten endlich an den Beinen. Die Unterseite ist rauh, aber nicht stachelig. Zwar nicht besonders lebhafte, aber sehr ansprechende Färbung und Zeichnung schmücken das stachelige Thier in hohem Grade. Auf kastanienbraunem Grunde verläuft längs der Rippenmitte ein schmaler, mehrmal zu verschobenen Vierecken sich verbreitender Streifen von licht ocker- oder ledergelber Färbung; ein zweiter, gleich gefärbter beginnt an jeder Seite des Halses, zieht sich über die Schultern, verbreitert sich hier und zweigt einen anderen, nach hinten verlaufenden und zuletzt beide Seiten des Schwanzes zierenden ab, während er selbst sich hinter der Achselgegend nach abwärts wendet. Die Grundfärbung der Unterseite ist lichtockergelb; die Zeichnung, welche hier am Halse beginnt, über die ganze Brust verläuft und auch noch den Untertheil des Schwanzes einnimmt, besteht aus breiten, schwarzgesäumten Längs- und Querbändern, welche unregelmäßige Figuren bilden. Die Gesammtlänge beträgt funfzehn bis achtzehn Centimeter.


Moloch (Moloch horridus). Natürliche Größe.
Moloch (Moloch horridus). Natürliche Größe.

Ueber die Lebensweise des Moloch, welcher von den Ansiedlern »Stachelechse« oder »Dornteufel« genannt wird, sind wir erst in neuester Zeit unterrichtet worden. Wilson sammelte mehrere Jahre nach einander alle Nachrichten, welche er über das absonderliche Geschöpf erhalten konnte, und hat diese nebst sei [216] nen eigenen Beobachtungen veröffentlicht. Man begegnet dem Moloch an verschiedenen Stellen bei Port Augusta; sein Verbreitungsgebiet dehnt sich jedoch unzweifelhaft weiter aus, als bis jetzt bekannt wurde. Das Thier lebt nur auf sehr sandigen Stellen. Gelegentlich sieht man vielleicht ihrer zwei oder drei zusammen auf der Spitze eines kleinen Sandhügels in der Nähe des Golfes sich sonnen. Oft vergraben sie sich auch unter dem Sande; immer aber dringen sie nur bis zu geringer Tiefe ein. Ihr kleines verstecktes Auge und ihr ganzes Wesen stempelt sie zu Tagthieren, welche vielleicht nie, mindestens nur in seltenen Fällen des Nachts sich bewegen. Obgleich für gewöhnlich ungemein träge, hat man doch auch gesehen, daß sie mit großer Gewandtheit laufen können, wenn eh sich darum handelt, eine nicht allzuweit entfernte Höhle zu gewinnen. Bei ruhigem Sitzen tragen sie ihren Kopf erhoben, so daß er mit dem Leibe in eine schiefe Ebene zu liegen kommt. Die Nahrung soll vorzugsweise in Ameisen bestehen; doch will man auch beobachtet haben, daß der Moloch nebenbei Pflanzenstoffe verzehre. Die Eier, welche sich von denen anderer Echsen wenig unterscheiden, sollen in den Sand gelegt werden.

Auch der Moloch besitzt in einem gewissen Grade die Fähigkeit, seine Farbe zu verändern; es geschieht dies, nach den Beobachtungen Wilsons, jedoch niemals plötzlich, vielmehr immer nur sehr allmählich, obschon nicht selten. Die lebhafte Färbung geht dann in düsteres Schiefer- oder Rußfarben über und die hübsche Zeichnung verschwindet dabei fast gänzlich.

[217] Gefangene, welche Wilson pflegte, waren sehr langweilig, bewegten sich fast nie, in Gegenwart ihres Pflegers wirklich niemals, blieben, wenn man sie aufrichtete, oft in der ihnen gegebenen Lage sitzen, schienen überhaupt für die Außenwelt, selbst für das Licht, gänzlich abgestorben und unempfindlich zu sein. Nur wenn man sie umkehrte, das heißt auf den Rücken warf, arbeiteten sie sofort sehr kräftig, um ihre frühere Lage wieder einzunehmen. Von allen, welche unser Gewährsmann gefangen hielt, bequemte sich kein einziger, Nahrung anzunehmen. Daß sie trotzdem einen ganzen Monat lang aushielten und eine wesentliche Schwächung nicht bekundeten, darf bei der Lebenszähigkeit aller derartigen Thiere nicht befremden. Minder widerstandsfähig bewiesen sie sich auffallenderweise gegen die Einwirkung der Sonne: einige, welche ihr einen ganzen Tag lang ausgesetzt worden waren, starben bald darauf.

Der Moloch verdient seinen Namen nicht mit Recht; denn nur sein Aussehen ist schrecklich, sein Wesen gänzlich harmlos. Bloß in seinen Stacheln besitzt er Waffen zur Abwehr; aber auch diese sind so schwächlicher Art, daß ein geschickter Fänger kaum jemals an ihnen sich verletzt. Zu beißen vermag er nicht, wie dies schon sein kleines Maul beweist.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 216-218.
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