Elfte Familie: Haftzeher (Gekotidae)

[252] Die Haftzeher (Gekotidae) sind kleine, plump gebaute, platt gedrückte und düsterfarbige Schuppenechsen. Ihr Kopf hat eine längliche, unter der Stirne etwas vertiefte, erweiterte, runde, abgeflachte, hechtartige, tiefgespaltene Schnauze und etwas höchst auffallendes wegen der großen Nachtaugen, deren Stern im Lichte bis auf eine linienförmige, senkrechte Spalte sich zusammenzieht, und deren Lider zwischen dem Augapfel und den Augenhöhlenrändern eingerollt sind. Wirkliche Lider kommen nur bei einzelnen Sippen vor; bei den übrigen Gruppen und Arten zieht sich die durchsichtige Haut über das Auge hinweg und bildet eine kreisförmige, lidartige Falte. Die Ohröffnung erscheint als senkrechte Ritze. Der Hals ist sehr kurz und dick, der Rumpf gedrungen, rundlich, aber von oben nach unten platt gedrückt, bisweilen seitlich befranst, der sehr gebrechliche Schwanz mittellang, dick, an der Wurzel rundlich oder ebenfalls plattgedrückt, zuweilen auch seitlich mit Haut besetzt; die Beine zeichnen sich aus durch ihre Kürze, die Zehen durch eine ganz absonderliche Bildung, welche als das Hauptmerkmal angesehen werden muß. Bei allen [252] Arten dieser Abtheilung sind sie verhältnismäßig kurz, in der Länge unter sich auch wenig verschieden, regelmäßig durch eine mehr oder minder weit ausgedehnte Bindehaut vereinigt und auf der Unterseite mit Blattkissen bedeckt, Verbreiterungen, welche querliegende, häutige Blättchen verschiedener Größe, Gestalt und Stellung zeigen und die Thiere befähigen, an sehr glatten Flächen, gleichviel in welcher Stellung, umherzulaufen. Bei einzelnen erweitert sich die ganze Unterfläche der Zehen; bei anderen nimmt die Blattscheibe nur einen Theil derselben ein; bei diesen ist sie in der Mitte getheilt, bei jenen ungetheilt; bei manchen tragen bloß die Endglieder der Zehen erweiterte Scheiben, bei manchen wiederum werden die Blattscheiben durch runde Warzen ersetzt; bei anderen endlich sind die Zehen ebenso gestaltet, aber noch eingeknickt usw.: kurz, die Gestalt der Zehen ist höchst mannigfaltig und gibt dem ordnenden Thierkundigen ein Mittel an die Hand, einzelne Sippen oder Unterfamilien zu bestimmen und abzugrenzen. Bei den meisten Arten sind scharfe, spitzige, bewegliche, gewöhnlich auch zurückziehbare Krallen vorhanden; diese können aber auch an einzelnen, zuweilen an allen Zehen fehlen. Die äußere Bekleidung besteht aus sehr kleinen, mit einander fest verbundenen Schuppen, zwischen denen größere sich einfügen.


Mauergeko (Platydactylus mauritanicus). Natürliche Größe.
Mauergeko (Platydactylus mauritanicus). Natürliche Größe.

Das Gebiß zeichnet sich aus durch die große Anzahl, nicht aber durch Mannigfaltigkeit der Zähne, da diese fast sämmtlich [253] die gleiche Gestalt und Größe haben und nur die hinteren allmählich gegen die vorderen sich verkürzen. Ihre Krone ist einspitzig und etwas zusammengedrückt, ihr Stamm walzenförmig. Eckzähne fehlen, Gaumenzähne ebenfalls.

Die Abtheilung der Haftzeher zerfällt in mehrere Unterfamilien, welche zusammen ungefähr funfzig Sippen und Untersippen umfassen. Ihre Unterscheidung hat jedoch nur für den Fachmann Wichtigkeit, da die Unterschiede der einzelnen Gruppen gering und die Lebensweise wie die Bedeutung der verschiedenen Arten für den Menschen mehr oder weniger dieselbe ist. Für unseren Zweck wird es genügen, wenn ich mich auf eine kurze Beschreibung dreier Arten beschränke, von denen jede eine Sippe und ebenso eine Unterfamilie vertritt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 252-254.
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