Gelbotter (Alecto curta)

[439] Eine der bekanntesten und gefürchtetsten Arten dieser Sippe ist die Gelbotter (Alecto curta, Naja und Echiopsis curta, Hoplocephalus und Elap ocormus curtus), eine Schlange von 1 bis 1,5 Meter Länge, gleichmäßig dunkel olivengrüner Färbung der Oberseite und blaßgelber der Unterseite, ausgezeichnet durch ihre großen, rundlichen, glatten, in neunzehn Reihen stehenden Schuppen.

Wie viele von den unter den Ansiedlern gebräuchlichen Namen auf unsere Schlange sich beziehen, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, ihr Verbreitungskreis deshalb auch noch nicht feststellen. Wo sie vorkommt, tritt sie sehr häufig auf, so namentlich auch in Tasmanien, wo Verreaux während der kurzen Zeit seines Aufenthaltes über vierzig Stück einsammeln konnte. Nach Bennett wird sie ungemein gefürchtet, weil ihr Biß stets höchst bedenkliche Folgen nach sich zieht. Ein neunjähriger Knabe aus Sidney wurde im Oktober 1858 von einer dieser Schlangen gebissen, ein geeignetes Gegenmittel aber von seinen Angehörigen leider nicht sofort in Anwendung gebracht, sondern der Knabe zu dem etwa zwei englische Meilen entfernten Arzte gesandt. Als dessen Hülfe in Anwendung kam, befand sich der Kranke bereits in einem sehr kläglichen Zustande, war schläfrig, hatte auf dem rechten Auge die Sehfähigkeit verloren, litt überhaupt schwer unter den Folgen des Giftes. Am kleinen Finger, in welchen er den Biß erhalten hatte, bemerkte man nur zwei feine Pünktchen, kaum aber eine Entzündung oder Geschwulst. Man machte Einschnitte, saugte die Wunde aus, gab Salmiakgeist und andere Reizmittel ein, zwang den armen Buben, fortwährend umherzulaufen, um, wie es unter den Schwarzen üblich, die Schläfrigkeit zu vertreiben, erzielte aber nicht den geringsten Erfolg; denn acht Stunden nach dem Bisse fiel der Verwundete in Krämpfe und verschied.


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»Die dem Anscheine nach und, wie ich glaube, auch in Wirklichkeit gefährlichste Schlange Australiens«, sagt Bennett, »von den Ansiedlern Todesotter und von den Eingeborenen wegen ihres Stachels am Schwanze Dornenotter genannt, ist ein häßliches, im Verhältnisse seiner Länge dickes Kriechthier, mit lebhaft gelbem, senkrecht geschlitztem Auge und einer schwer zu beschreibenden Färbung, welche aus einer Vereinigung düsterer Töne und schmaler, schwarzer Bänder besteht und nur auf der Unterseite in ein lichtes Rothgelb übergeht. Die Länge beträgt zwei Drittel bis ein Meter, der Umfang des Leibes etwa zwölf Centimeter.

[439] Die Todesotter ist eine gemeine Schlange in Neu-Südwales, selbst in nächster Nähe von Sidney. Man findet sie auf trockenen, sandigen Stellen, oft auf Straßen und Fußwegen, wo sie übertages zusammengeringelt liegt und bei Ankunft eines Feindes auch liegen bleibt: ein Umstand, welcher sie um so gefährlicher macht. Ich selbst hätte die erste, mit welcher ich im Lande zusammentraf, beinahe mit dem Fuße berührt, wurde aber glücklicherweise noch rechtzeitig aufmerksam auf sie.


Gelbotter und Todesotter (Alecto curta und Acanthophis antarcticus). 1/4 natürl. Größe.
Gelbotter und Todesotter (Alecto curta und Acanthophis antarcticus). 1/4 natürl. Größe.

Ihr kurzer, dicker, eigenthümlich gefärbter Leib, der breite Kopf und das bösartige Auge warnen auch den Unkundigen vor ihr, und der Ausdruck ihres Gesichtes ist allerdings so abschreckend, daß er höchstens von der Puffotter übertroffen werden kann. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich in Fröschen und kleinen Vögeln; solche fand ich in dem Magen derer, welche ich untersuchte.«

Die Eingeborenen behaupten, daß niemand am Bisse einer solchen Schlange sterbe, daß der Gebissene sich höchstens eine zeitlang unwohl, namentlich schlaftrunken fühle, dann aber wieder geheilt werde; die Europäer aber erfuhren das Gegentheil. Eine sonderbare Geschichte erzählt Cunningham. Während der Paarungszeit der Schlangen stöberte ein Jagdhund zwei Todesottern auf und rief dadurch seinen Herrn herbei, welcher der einen den Kopf abhieb, während die andere [440] entkam. Ungefähr zehn Minuten später lief ein anderer Hund über dieselbe Stelle, erhielt von dem abgeschnittenen Kopfe einen Biß und starb bald darauf unter furchtbarem Geheule und Zuckungen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 439-441.
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