Hundskopfschlange (Xiphosoma caninum)

[320] Die Hundskopfschlange oder Bojobi (Xiphosoma caninum, Boa canina, hypnale, thalassina, aurantiaca, exigua, viridis und flavescens, Xiphosoma Araramboya) erreicht eine Länge von drei bis vier Meter, wird aber selten in dieser Größe gefunden. Die Färbung der Oberseite ist ein schönes Blattgrün, welches längs der Mittellinie dunkelt und seitlich durch lebhaft abstechende, reinweiße Doppelflecken oder Halbbinden gezeichnet wird; die Unterseite sieht gelbgrün aus.

[320] Zur Zeit ist es noch nicht mit genügender Sicherheit festgestellt, wie weit der Verbreitungskreis dieser Art reicht.


Hundskopfschlange (Xiphosoma caninum). 1/6 natürl. Größe.
Hundskopfschlange (Xiphosoma caninum). 1/6 natürl. Größe.

Am häufigsten scheint sie im Gebiete des Amazonenstromes vorzukommen und von hier aus sich nach Norden hin bis Guayana, nach Süden hin bis Nordbrasilien zu verbreiten.

Eine Gefangene, welche im Thiergarten zu London gehalten wurde, ruhte gewöhnlich geknäuelt auf erhöhten Aesten, mit dem Greifschwanze an einem schwächeren Zweige sich befestigend, und schien da durch zu beweisen, daß sie im Freien wahrscheinlich nach Art ihrer nächsten Verwandten leben wird. Letztere (Xiphosoma hortulanum) fand Schomburgk in allen Fällen zusammengerollt auf den Zweigen der Gebüsche, ihrem Lieblingsaufenthalte, liegen. Die Nahrung besteht wahrscheinlich, wie bei dieser, aus Vögeln; doch darf man annehmen, daß die Hundskopfschlange zuweilen auch Fischen nachstellt; wenigstens hat man beobachtet, daß sie ganz vorzüglich schwimmt, und zwar nicht bloß in süßen Gewässern, sondern auch im Meere. Spix begegnete einer, welche über den Negro setzte, und der Leutnant des Schiffes Fréminville versicherte Dumeril, eine andere auf der Rhede von Rio de Janeiro schwimmend gesehen zu haben. Aelteren Berichterstattern zufolge soll sie sich oft in die Wohnungen, besonders in die Hütten der Neger, schleichen, um hier Nahrung zu suchen, dem Menschen jedoch niemals gefährlich werden. Indessen beißt sie heftig, wenn sie gereizt wird, und versetzt mit ihren langen Zähnen schmerzhafte und schwer heilende Wunden. Letzteres erfuhr Spix an jener, welche er im Rio Negro schwimmen sah. Begierig, sich ihrer zu bemächtigen, ließ er ihr nachrudern, und einer seiner indianischen Begleiter betäubte sie glücklich durch einen Schlag auf den Kopf. Unser Forscher ergriff sie, hatte sie aber kaum erfaßt, als sie sich mit solcher Kraft um seinen Arm wand, daß er nicht im Stande war, denselben zu bewegen. Glücklicherweise hatte er den Kopf mit der Hand gefaßt und ein Stück Holz in der Nähe, welches er ihr in den Rachen stieß, und in welches sie mit Heftigkeit einbiß. Keiner der begleitenden Indianer wagte sich herzu, aus Furcht, daß die Schlange den weißen Mann verlassen und sich auf sie stürzen werde, und erst, als sie sahen, daß ihnen das Thier nichts mehr anhaben könne, halfen sie jenem, aus ihren Schlingen sich zu befreien. Sie wurde gebändigt und in Weingeist getödtet. Als man sie in Europa aus dem Gefäße nahm, hielt sie dasselbe Stück Holz, in welchem sie sich festgebissen hatte, noch im Maule, und bei der Untersuchung zeigte sich, daß die Zähne von beiden Seiten es durchdrungen hatten. Ueber die Fortpflanzung kenne ich keine Angaben; über das Gefangenleben sagt Sclater, welcher eine prachtvolle Abbildung von Wolf mit einigen Worten begleitet, ebensowenig etwas.


*


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 320-321.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt

Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt

In Paris ergötzt sich am 14. Juli 1789 ein adeliges Publikum an einer primitiven Schaupielinszenierung, die ihm suggeriert, »unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen«. Als der reale Aufruhr der Revolution die Straßen von Paris erfasst, verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit. Für Schnitzler ungewöhnlich montiert der Autor im »grünen Kakadu« die Ebenen von Illusion und Wiklichkeit vor einer historischen Kulisse.

38 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon