Laubfrosch (Hyla arborea)

[556] Unser Laubfrosch (Hyla arborea, viridis und Savignii, Rana, Calamita und Dendrohyas arborea), für uns das Urbild der Familie und Vertreter der verbreitetsten, seinen Namen tragenden Sippe (Hyla), das kleinste Mitglied seiner gesammten Verwandtschaft in Europa, erreicht eine Leibeslänge von drei Centimeter und ist auf der Oberseite schön blattgrün, auf der Unterseite graulichweiß gefärbt. Ein schwarzer, oben gelbgesäumter Streifen, welcher an der Nase anfängt und bis zum Hinterschenkel verläuft, scheidet beide Hauptfarben; die Vorder- und Hinterschenkel sind oben grün und gelb umrandet, unten lichtgelb. Das Männchen unterscheidet sich vom Weibchen durch die schwärzliche Kehlhaut, welche jenes zu einer großen Blasenkugel aufblähen kann. Kurz vor und nach der Häutung, welche alle vierzehn Tage stattzufinden pflegt, ändert sich die Färbung in Aschblau und bezüglich Hell- oder Blaugrün um, geht aber bald wiederum in Blattgrün über. Nach Gredlers Beobachtungen trübt sich die Färbung oft und bis zur Unkenntlichkeit, wird perlgrau, dunkel chokoladebraun, zeigt Marmelflecke usw., ohne daß ein genügender Grund als etwa Verdauungsbeschwerden, Aerger oder Schrecken, unbehagliche Stimmung überhaupt, wahrgenommen werden konnte.

Mit Ausnahme des höheren Nordens und, nach der Behauptung Dumerils, auch Großbritanniens, kommt der Laubfrosch in ganz Europa vor, verbreitet sich aber auch über den asiatischen Theil des nördlich altweltlichen Gebietes, wurde von Cantor sogar noch südlich desselben, auf der chinesischen Insel Chusan, beobachtet und findet sich ebenso längs der ganzen Südküste des Mittelmeeres. Sein Wohngebiet ist die Tiefebene; gleichwohl steigt er im Gebirge ziemlich weit empor, in Tirol z.B., laut Gredler, bis zu funfzehnhundert Meter unbedingter Höhe. Wenig wärmebedürftig, wie er zu sein scheint, läßt er sich bereits anfangs April, in guten Frühjahren auch wohl schon Ende März vernehmen und hält bis zum späten Herbste im Freien aus. Doch nimmt man in der Regel wenig von ihm wahr: denn nur während der Paarungszeit gesellt er sich im Wasser zu ansehnlichen Scharen; bald nach ihr besteigt er das Gelaube von Gebüschen, Sträuchern und Bäumen und treibt hier, meist ungesehen, sein Wesen. Er ist einer der niedlichsten Lurche, welche wir kennen, gewandter als alle übrigen, welche bei uns vorkommen, gleich befähigt, im Wasser oder auf ebenem Boden wie im Blattgelaube der Bäume sich zu bewegen. Im Schwimmen gibt er dem Wasserfrosche wenig nach, im Springen übertrifft er ihn bei weitem, im Klettern ist er Meister. Jedermann weiß, wie die letztere Bewegung geschieht, keineswegs schreitend nämlich, sondern ebenfalls springend. Wer jemals einen Laubfrosch in dem bekannten, weitmündigen Glase gehalten hat, wird bemerkt haben, daß derselbe jede Ortsveränderung außerhalb des Wassers springend bewerkstelligt, und daß er, wenn er gegen senkrechte Flächen springt, an ihnen, und wären es die glättesten, augenblicklich festklebt. Bei dem in einem Glase gehaltenen Laubfrosche kann man auch deutlich wahrnehmen, in welcher Weise dies ausgeführt wird. Von einem zähen Schleime, welcher anleimt, bemerkt man nichts, vielmehr nur auf der unteren Seite des Polsters eine hellgefärbte Fläche, wie eine Blase, über welcher der obere, scharfe Rand der [556] Fußkolben hervortritt. Drückt er nun den Ballen an, so legt sich die blasige Fläche dicht an den Gegenstand, an welchem sie haften soll; die äußere Luft preßt den Rand auf und hält, da alle Zehenkolben gleichzeitig wirken, ihn fest. Nöthigenfalls gebraucht er noch die Kehlhaut zur Unterstützung, indem er auch diese gegen die betreffende Fläche drückt, und so wird es ihm nie schwer, in seiner Lage sich zu erhalten. Ein deutlicher Beweis, daß nur der Luftdruck wirkt, eine klebrige Feuchtigkeit aber nicht ins Spiel kommt, gibt die Luftpumpe. Bringt man nämlich einen Laubfrosch unter die Glocke und verdünnt die in ihr enthaltene Luft, so wird es ihm unmöglich, sich festzuhalten; der Luftdruck ist dann im Verhältnisse zu seiner Schwere zu gering und gewährt ihm nicht mehr die nöthige Unterstützung. Ein aus dem Wasser anspringender Laubfrosch glitscht anfänglich allerdings auch von einer glatten Fläche ab, sicherlich aber nur, weil das an den Zehenballen haftende Wasser ihm verwehrt, zwischen diesen und der Anhaftungsfläche einen luftleeren Raum herzustellen. In dieser Weise also besteigt unser Frosch die Bäume, von Blatt zu Blatt emporspringend, auf niederem Gebüsche beginnend, von diesem aus zu höheren Sträuchern aufklimmend und endlich bis zur Krone sich erhebend.


Laubfrosch (Hyla arborea). Natürliche Größe.
Laubfrosch (Hyla arborea). Natürliche Größe.

Hier in der luftigen Höhe verlebt er behaglich den Sommer, bei schönem Wetter auf der Oberseite, bei Regen auf der Unterseite des Blattes sitzend, falls solche Witterung nicht allzu lange anhält und ihm so unangenehm wird, daß er sich vor dem Regen ins – Wasser flüchtet. Wie trefflich seine Färbung mit dem Blattgrün im Einklange steht, erfährt derjenige, welcher ihn auf einem niederen Busche schreien hört und sich längere Zeit vergeblich bemüht, ihn wahrzunehmen. Jener Gleichfarbigkeit ist er sich wohl bewußt und sucht sie bestmöglichst auszubeuten. Er weiß, daß Springen ihn verräth: deshalb zieht er vor, bei Ankunft eines Feindes oder größeren, ihm gefährlich dünkenden Wesens überhaupt sich fest auf das Blatt zu drücken und, die leuchtenden Aeuglein auf den Gegner gerichtet, bewegungslos zu verharren, bis die Gefahr vorüber. Erst im äußersten Nothfalle entschließt er sich zu einem Sprunge; derselbe geschieht dann aber so plötzlich und wird mit so viel Geschick ausgeführt, daß er ihn meistens rettet.

[557] Die Nahrung des Laubfrosches besteht in mancherlei Kerbthieren, namentlich Fliegen, Käfern, Schmetterlingen und glatten Raupen. Alle Beute, welche er verzehrt, muß lebendig sein und sich regen; todte oder auch nur regungslose Thiere rührt er nicht an. Sein scharfes Gesicht und, wie es scheint, ebenfalls recht wohl entwickeltes Gehör geben ihm Kunde von der heransummenden Mücke oder Fliege; er beobachtet sie scharf und springt nun plötzlich mit gewaltigem Satze nach ihr, weitaus in den meisten Fällen mit Erfolg und immer so, daß er ein anderes Blatt beim Niederspringen erreicht. Zur Unterstützung der herausschnellenden und fangenden Zunge benutzt er auch wohl die Zehen eines seiner Vorderfüße und führt mit ihnen, wie mit einer Hand, die dargebotene Speise zum Munde: so beobachtete Gredler wenigstens an Gefangenen, wenn ihnen größere Fliegen dargeboten wurden, dasselbe Günther auch an australischen Verwandten unserer einheimischen Art. Während des Sommers beansprucht der Laubfrosch ziemlich viel Nahrung, liegt deshalb auch während des ganzen Tages auf der Lauer, obgleich auch seine Zeit erst nach Sonnenuntergang beginnt.

Man hält den Laubfrosch allgemein für einen guten Wetterprofeten und glaubt, daß er Veränderung der Witterung durch Schreien anzeige. Diese Ansicht ist wenigstens nicht unbedingt richtig. Besonders eifrig läßt der Laubfrosch seine laute Stimme während der Paarungszeit ertönen, schweigt aber auch während des Sommers nicht und ruft mit aufgeblasener Kehle sein fast wie Schellengeläute klingendes, an den sogenannten Gesang der Cikaden erinnerndes »Kräh, kräh, kräh« die halbe Nacht hindurch fast ohne Unterbrechung in die Welt, aber bei trockener und beständiger Witterung ebensowohl als kurz vor dem Regen. Nur vor kommendem Gewitter schreit er mehr als sonst, während des Regens selbst oder bei nassem Wetter verstummt er gänzlich.

Gegen den Spätherbst hin verläßt er die Baumkronen, kommt auf den Boden herab, hüpft dem nächsten Wasser zu und verkriecht sich wie seine Ordnungsverwandten im Schlamme. In ihm verbringt er in todähnlichem Schlafe den Winter, in der Regel wohl, ohne vom Froste erreicht zu werden. Doch wenn auch das Gegentheil stattfinden sollte, dürfte er noch keineswegs in allen Fällen unbedingt verloren sein. Seine Lebenszähigkeit ist eine ganz außerordentliche und läßt ihn Gefahren überstehen, welche anderen, höher entwickelten Thieren unbedingt das Leben kosten müßten. Ein Beobachter, welcher seinen Namen nur angedeutet hat, vergaß, wie er erzählt, seinen als Wetterprofeten dienenden Gefangenen bei Eintritt strenger Kälte in einen warmen Raum zu bringen und bemerkte endlich, daß der beklagenswerthe Geselle, welcher sein Behältnis nicht hatte verlassen können, mit ausgestreckten Beinen mitten in dem Eise, welches sich im Glase gebildet hatte, eingefroren war. Das Gefäß wurde jedoch in ein lauwarmes Zimmer gebracht, und in ihm schmolz langsam das Eis, der größte Theil desselben erst über Nacht. Als man am folgenden Morgen nachsah, saß der vollkommen wieder belebte Laubfrosch hoch oben am Glase, als ob nichts geschehen sei. Aehnlich dürfte es ihm auch im Freien ergehen, und eine gleiche Widerstandsfähigkeit wird dann ihn retten. Daß er nicht empfindlich gegen die Kälte ist, beweist er durch sein frühes Erscheinen, Eher als andere Froschlurche ist er im Frühlinge wieder da und denkt nun zunächst an die Fortpflanzung. Hierzu wählt er womöglich solche Teiche, deren Ufer von Gebüschen und Bäumen umsäumt werden, wahrscheinlich deshalb, weil es ihm schwer wird vom Wasser aus seiner Liebesbegeisterung schreiend Ausdruck zu geben. Gewöhnlich verlassen die Männchen Ende April ihre Winterherberge, in guten Jahren früher, in kalten etwas später, immer aber eher als die Weibchen, welche sich erst sechs oder acht Tage nach ihnen zeigen. Unmittelbar nach ihrem Erscheinen geht die Paarung vor sich. Das Männchen umfaßt das Weibchen unter den Achseln und schwimmt nun mit ihm zwei bis drei Tage im Wasser umher, bis die Eier abgehen und von ihm befruchtet werden können. Das Eierlegen selbst währt gewöhnlich kurze Zeit, zwei Stunden etwa, zuweilen auch viel länger, sogar bis achtundvierzig Stunden; dann aber bekommt es das Männchen satt, verläßt das Weibchen, und die nunmehr gelegten Eier bleiben unbefruchtet. Etwa zwölf Stunden nachdem letztere den Leib der Mutter verlassen haben, ist der sie umhüllende Schleim so voll Wasser [558] gesogen und aufgebläht, daß er sichtbar wird. Man bemerkt dann in ihm das eigentliche Ei, welches etwa die Größe eines Senfkornes hat, und um dasselbe die Hülle, welche in der Größe mit einer Wicke ungefähr gleichkommt. Der Laich bildet umförmliche Klumpen und bleibt auf dem Boden des Wassers liegen, bis die jungen Larven ausgeschlüpft sind. Wie bei den übrigen Lurchen beansprucht die Zeitigung der Eier und die Entwickelung der Jungen geringe Zeit. In Eiern, welche am siebenundzwanzigsten April gelegt wurden, bemerkte man schon am ersten Mai den Keim mit Kopf und Schwanz, welche aus dem Dotter hervorwachsen; am vierten Mai bewegte er sich in dem schleimigen Eiweiße; am achten kroch er aus, schwamm umher und fraß gelegentlich vom zurückgelassenen Schleime; am zehnten zeigten sich die Augen und hinter dem Munde zwei Wärzchen, welche dem werdenden Thierchen gestatten, sich an Gras und dergleichen anzuhängen, sowie die Schwanzflosse, am zwölften die Kiemenfaden, hinter jeder Kopfseite einer, welche sich bald wieder verlieren, und Flecke, welche ihn gescheckt erscheinen lassen; am funfzehnten waren Mund und Nase entwickelt, und die Kaulquappe fraß schon tüchtig; am achtzehnten bekamen ihre schwarzen Augen eine hochgelbe Einfassung; am zwanzigsten war der After entwickelt und der Leib mit einer zarten, mit Wasser angefüllten Haut umgeben, welche sich am neunundzwanzigsten verlor. Die Thierchen waren nun anderthalb Centimeter lang und benagten Wasserlinsen. Am neunundzwanzigsten Juni sproßten die Hinterfüße hervor; am sechzehnten Juli waren die Kaulquappen fast ausgewachsen und etwa zwei Centimeter lang, die fünf Zehen gespalten, am fünfundzwanzigsten auch die Ballen entwickelt und die Spuren der Vorderfüße, welche am dreißigsten hervorbrachen, bereits sichtbar. Ihr Rücken war grünlich, der Bauch gelblich. Sie kamen schon häufig an die Oberfläche, um Luft zu schöpfen. Am ersten August war der Schwanz um die Hälfte kleiner, wenige Tage darauf vollends eingeschrumpft, das Fröschchen nunmehr fertig und zu seinem Landleben befähigt. Dennoch erreicht es erst mit dem vierten Jahre seine Mannbarkeit; früher quakt es nicht und begattet sich auch nicht. Nach Fischers Erfahrungen ist er in der Gegend von Petersburg, wo er nicht ursprünglich lebt, im Freien fortpflanzungsfähig, und die von ihm dort gezeugten Jungen gewöhnen sich so vortrefflich ein, daß es leicht sein dürfte, ihn im Norden Rußlands einzubürgern.

Der Laubfrosch ist so anspruchslos, daß man ihn jahrelang in dem erbärmlichsten Käfige, einem einfachen Glase, am Leben erhalten kann, falls man ihm das nöthigste Futter reicht. Im übrigen braucht man sich wenig um ihn zu sorgen; denn er übersteht nicht bloß, wie wir eben gesehen haben, Kälte und Frost, sondern auch Wärme und Trockenheit in geradezu bewunderungswürdiger Weise. Ein Laubfrosch, welchen Gredler pflegte, war eines Tages aus seinem Wasserbecken verschwunden und fand sich erst nach mehreren Tagen, in eine Spalte gezwängt, völlig vertrocknet und scheinbar todt vor. Ins Becken zurückgeworfen, um später mit dessen Wasser ausgeschüttet zu werden, schwamm er nach etlichen Stunden wiederum so behäbig umher, als er je gewesen. Auch an die Nahrung stellt er wenig Ansprüche. Zu seinem Futter wählt man Fliegen und Mehlwürmer, weil man diese am leichtesten erlangen kann, darf aber auch andere Kerfe, selbst solche bis zu bedeutender Größe, reichen, da sie alle verzehrt werden. Während des Sommers muß man kräftig füttern, damit der Gefangene leichter den Winter übersteht; aber auch während dieser Zeit mag man nicht verabsäumen, ihn mit einem Mehlwurm, einer Spinne, einer Fliege zu atzen. Bei längerer Gefangenschaft lernt er nicht bloß seinen Pfleger, sondern auch den Mehlwurmtopf kennen, oder es verstehen, wenn man ihm zu Gefallen eine Fliege fängt. Ein Freund meines Vaters bemerkte, daß sein gefangener Laubfrosch sich jedesmal heftig bewegte, wenn er seine Stubenvögel fütterte und sich nach der betreffenden Seite kehrte, reichte dem verlangenden Thiere einen Mehlwurm und gewöhnte es binnen kurzer Zeit so an sich, daß der Frosch nicht bloß ihm, sondern jedermann die ihm vorgehaltene Speise aus den Fingern nahm und zuletzt sogar die Zeit der Fütterung kennen lernte. Um ihm das Herauskommen aus seinem Glase zu erleichtern, wurde ein kleines Bretchen an vier Faden aufgehangen; an diesem kletterte der Laubfrosch in die Höhe und hielt sich hängend so lange fest, bis er seinen Mehlwurm erhalten hatte. Griff man oben mit dem Finger durch das [559] Loch, um ihn zu necken, so biß er in den Finger. Wenn sein Glas geöffnet wurde, verließ er es, stieg an den Wänden der Stube auf und ab, hüpfte von einem Stuhle auf den anderen oder seinem Freunde auf die Hand und wartete ruhig, bis er etwas bekam; dann erst zog er sich in sein Glas zurück, bewies also deutlich, daß er Unterscheidung und Gedächtnis besaß. Auch Glaser, ein fleißiger und verständnisvoller Beobachter, spricht dem Laubfrosche verhältnismäßig bedeutenden Verstand zu. Ein Gefangener, welcher drei Jahre lang in üblicher Weise gehalten wurde, hatte sich zuletzt an den Pfleger vollständig gewöhnt, erkannte dessen Absicht, wenn er sich näherte, und nahm dann schon im voraus die nöthige Stellung ein, um das ihm angebotene Kerbthier sofort zu verschlingen, hob bei gutem Wetter die Papierdecke ab oder zwängte sich durch das Futterloch, um ins Freie zu gelangen, saß dann den Tag über stundenlang am Rande des Glases, neugierig die Umgebung betrachtend und mit funkelnden Augen jeder Bewegung folgend, auch wohl nach einer in der Nähe sich niederlassenden Fliege haschend, oder trat bei Nacht förmliche Wanderungen an. Während er sich im gewohnten Gefäße ohne Scheu in die Hand nehmen ließ, pflegte er, sobald er seinen Weg ins Freie angetreten hatte, sich der nach ihm greifenden Hand zu entziehen, als wisse er, daß er auf verbotenen Wegen wandle, von denen er sich aber nicht zurückweisen lassen möchte. Eines Morgens wurde bemerkt, daß der Laubfrosch wieder aus dem Glase entwichen war. Nirgends in der Stube konnte man ihn auffinden, mußte daher annehmen, er habe sich während der Nacht unter der etwas abstehenden Stubenthüre hinaus ins Freie geschoben und sei entkommen. Nichtsdestoweniger blieb das Glas auf seinem Platze, dem kalten Ofen, stehen. Da bemerkte an dem darauf folgenden Morgen eines der Kinder, daß der Frosch das Glas wieder aufgesucht hatte. Bei näherer Betrachtung erschien der Flüchtling hier und da geschwärzt und auch etwas geritzt, so daß man sehr bald ergründen konnte, wo er den Tag und die Nacht über zugebracht haben mußte. Er hatte sich nämlich auf das hohe, oben geknickte Ofenrohr begeben und sich hier während des Suchens den Blicken entzogen, später jedoch nach Wasser gesehnt, den Rückweg angetreten und sich durch das Papierloch in das ihm wohlthuende Element zurückgezogen. Seitdem sah man das Thier öfter durch das Papierloch sowohl aus dem Glase heraus als wieder freiwillig zurück hineinsteigen, und die Kinder hegten keine Besorgnis mehr, daß er entweichen werde. Einzelne Gefangene hat man acht bis zehn Jahre am Leben erhalten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 556-560.
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