Knoblauchkröte (Pelobates fuscus)

[589] Als Vertreter dieser Sippe gilt die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus, Bufo fuscus und vespertinus, Rana fusca, vespertina und alliacea, Bombinator fuscus, Bombina marmorata, Cultripes minor), ein sehr buntes Thier von sieben Centimeter Länge, oben auf gelbbraunem oder hellgrauem Grunde mit vielen kleinen und großen, lebhaft dunkelbraunen, unregelmäßig gestalteten Flecken gezeichnet, welche bald zusammenhängen, bald einzeln stehen und, nach dem Ausdrucke von Schinz, wie Inseln auf der Landkarte zerstreut liegen.

Der Verbreitungskreis der Knoblauchkröte umfaßt Deutschland und Frankreich, Italien und Spanien; jedoch kommt sie keineswegs überall vor, fehlt vielmehr manchen Gegenden gänzlich: in der Schweiz z.B. hat man sie, laut Schinz, noch nicht beobachtet, in Tirol, nach Gredler, ebensowenig. Hier und da tritt sie sehr häufig auf, so in der Gegend von Nürnberg und von Berlin. Wie die Unke lebt sie viel im Wasser, verläßt dasselbe namentlich im Frühjahre nicht, kommt aber im Sommer doch auf trockeneres Land heraus und treibt sich dann vorzugsweise auf sandigen Feldern umher, hier übertages in einer vorgefundenen oder selbstgegrabenen Höhlung sich verbergend, nachts ihrer Jagd obliegend. In ihren Bewegungen übertrifft sie die eigentlichen Kröten bei weitem und ähnelt hierin den Fröschen mehr als diese. So springt sie mit rasch auf einander folgenden, verhältnismäßig großen Sätzen sehr munter umher, schwimmt rasch und geschickt und besitzt auch eine bedeutende Fertigkeit, in Sand oder Schlamm sich einzuwühlen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Kerbthieren und Nacktschnecken; möglicherweise stellt sie jedoch auch anderen kleinen Fröschen, zumal dem so allgemein befehdeten Thaufrosche, nach.

In einer Hinsicht ähnelt sie den eigentlichen Kröten: sie verbreitet einen wirklich unausstehlichen Geruch nach Knoblauch, trägt also ihren Namen mit Fug und Recht. Dieser von ihr ausgehende Gestank ist so heftig, daß man sie mit der Nase früher auffindet als mit den Augen und letzteren Thränen entlockt, wenn man ihr sich bis zu einer gewissen Entfernung nähert, gerade, als ob man an Meerrettig oder Zwiebeln gerochen habe. Wie es scheint, wird dieser Geruch hauptsächlich von dem hinteren Theile ihres Leibes ausgedünstet; wenigstens richtet sie diesen bei Berührung regelmäßig in die Höhe, gewissermaßen ihrem Gegner zu. Bei der Zergliederung soll man den übeln Geruch übrigens nicht wahrnehmen, dem entsprechend auch ihre Schenkel genießen können.


Knoblauchkröte (Pelobates fuscus). Natürliche Größe.
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus). Natürliche Größe.


[589] Unter den einheimischen Lurchen laicht die Knoblauchkröte mit am frühesten im Jahre, bei einigermaßen günstiger Witterung bereits im März, bei ungünstiger wenigstens im April. Um diese Zeit halten sich beide Geschlechter im Wasser auf, in dessen Grunde sie ihr Winterlager aufgeschlagen hatten, stecken den Kopf über die Oberfläche empor und lassen ein unangenehmes, grunzendes, nicht weit vernehmliches Quaken und Knurren hören, welches bald an das Geschrei des Grasfrosches, bald an das Quaken des Laubfrosches erinnert und von dem Weibchen mit einem noch tonloseren Grunzen begleitet wird. Daß diese Mißtöne nicht die einzigen sind, welche sie hervorstoßen können, erfährt man, wenn man sie mit einer Zange am Fuße packt: sie schreien dann [590] kläglich, miauend wie junge Katzen. Bei der Begattung umfaßt das Männchen, eine sonderbar höckerige Stellung einnehmend, das willige Weibchen an den Hüften. Die Eier gehen in einer dicken, halbmeterlangen Schnur ab, zwischen deren Gallerte sie haufenweise zerstreut liegen, werden von Zeit zu Zeit mit den Hinterbeinen des Männchens gleichsam aufgehalten, befruchtet und dann an Rohr, Gras und anderen Wassergewächsen in der Nähe des Ufers angeklebt. Fünf bis sechs Tage später kriechen die Larven aus, schwimmen gesellig umher, erhalten am siebenten Tage ihres Lebens eine Flosse am Schwanze, am neunten gefranste Kiemen, sondern sich gegen den achtzehnten Tag hin von einander ab, verlieren um diese Zeit ihre Kiemen und werden vorsichtig, bekommen in der neunten Woche ihres Lebens beide Hinterfüße, drei Wochen später auch die Vorderfüße, häuten sich sodann und kriechen im Anfange des vierten Monates ihres Lebens aus dem Wasser, noch mit einem Stumpfschwänzchen versehen, welches bald vollends verschwindet. Von nun an führen sie die Lebensweise ihrer Eltern.

Gefangene Knoblauchkröten halten sich bei einiger Pflege recht gut im Käfige, verlangen aber viele und fette Nahrung, da sie an Gefräßigkeit keiner einzigen Art ihrer Ordnung nachstehen.


*


Bürger weiß das schauerliche der Weise eines »Geistergesanges« nicht treffender zu schildern als durch die Worte:


»Ihr Lied war zu vergleichen

Dem Unkenruf in Teichen«,


– gerade, als ob sein Ohr jemals durch den Laut dieser Thiere beleidigt worden wäre. Wahrscheinlich will er weniger seine eigene Ansicht ausdrücken, als Rechnung tragen einem uralten Aberglauben des Volkes, welches mit der Unke und ihrem Leben Bilder des Grauens und Entsetzens verbindet, ohne daß es weiß, warum. Allerdings belebt die Unke sehr gern auch die wasserreichen Stellen des unheimlichen, weil schwer zugänglichen und trügerischen Moores, und in der That klingt ihr Ruf nicht heiter und fröhlich, wie der des Teichfrosches, sondern schwermüthig und traurig: kein Mensch aber, welcher sich die Mühe gegeben hat, das niedliche und schön gefärbte Thierchen zu beobachten, wird dem Uebelwollen, welches sich an ihren Namen heftet, beipflichten, und niemand, welcher sich noch auf trockenem Lande befindet, ihren zwar leisen, aber doch sehr volltönigen Ruf unangenehm finden können.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 589-591.
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