1. Sippe: Antipathes

[485] Die Familie der Antipathaceen, mit der Hauptgattung Antipathes, will insofern in das systematische Gerippe nicht passen, als es sich hier nicht um vielkreisige, sondern um einkreisige Polypen handelt. Je doch ist sechs die Grundzahl und die meisten Arten von Antipathes haben sechs Fühler. Sie bilden zusammengesetzte Stöcke, welche das Aussehen zarter Stauden mit langen Aesten haben. Diese bekommen ihren Halt durch eine hornartige biegsame Axe, über deren Absonderung wir uns unten bei Beschreibung der Rinden- und Hornkorallen belehren wollen. Die Höhe eines von Dana bei den Fidschi-Inseln gefundenen Stockes betrug drei Fuß, die Dicke des Stammes einen halben Zoll. Die ganze Gestalt ist unschön, und auch die bräunliche Farbe und die plumpen Fühler der kleinen Polypen machen die Thiere nicht anziehend.

[485] Wir kommen nun zu denjenigen Familien unserer Ordnung der vielkreisigen Polypen, welche als Einzelthiere einen kalkigen Stock absondern. Bilden sie zusammengesetzte Stöcke, so pflegen die Einzelstöcke durch feste Füllmasse (Cönenchym) verbunden zu sein. Wir haben das Verhältnis der Harttheile zu den weich bleibenden Organen schon oben im allgemeinen geschildert, müssen aber noch etwas näher auf die von der Systematik zu berücksichtigenden und zum Verständnisse der Korallenthiere gehörigen Verhältnisse eingehen. Das nebenstehende Skelett des Thecocyathus cylindraceus läßt uns oben in den Kelch sehen, die Vertiefung, in welche unter Austreibung von Wasser und wässerigem Inhalte der Leibeshöhle der immer weich bleibende Vordertheil des Polypen sich einsenken kann. Die Seitenwand oder Mauer ist glatt.


Thecocyathus cylindraceus. Natürliche Größe.
Thecocyathus cylindraceus. Natürliche Größe.

Von ihr aus erstrecken sich die senkrechten Scheidewände oder Septa nach innen. Sie entsprechen nach Größe, Stellung und Reihenfolge den Fühlern und den weichen Scheidewänden, zwischen deren Blättern sie ausgeschieden werden. Bei vielen Polypen treten über die Außenseite der Wand, gleichsam als Fortsetzungen der inneren Scheidewände, schmale glattrandige oder gezackte und gezähnelte Rippen hervor. Andere wichtige Theile des Stockes lassen sich zwar auch sehen, wenn man von oben in den Kelch blickt, kommen aber erst an senkrechten Durchschnitten klar zum Vorscheine. An dem unversehrten Endzweig der Dendrophyllia ramea (A) können wir uns nun davon überzeugen, daß die lang gestreckten Kelche eine fast glatte Außenwand haben. Am Durchschnitte (B) ergibt sich, wie tief die Fühler zurückgezogen werden, wie dick die Wand (a) ist und wie weit die Scheidewände gegen die Axe vorstehen. Wir sehen nun auch, daß der dem Munde entgegengesetzte Pol völlig verkalkt ist, das Fußblatt, und daß von diesem aus sich zu beträchtlicher Höhe eine Säule erhebt.


A Endzweig der baumförmigen Dendrophyllia ramea. Natürliche Größe. B Einzelner Kelch im Längsdurchschnitte.
A Endzweig der baumförmigen Dendrophyllia ramea. Natürliche Größe. B Einzelner Kelch im Längsdurchschnitte.

Die Beschaffenheit derselben ist eine sehr verschiedene; sehr oft fehlt sie. Kleine stabartige Erhebungen, welche häufig im Kreise um die Säule stehen, heißen Pfähle. Nicht selten läßt sich von der eigentlichen Kelchmauer noch eine besonders dünne und glatte Hüllschicht, auch Epithek genannt, ablösen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 485-486.
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