1. Sippe: Glockenthierchen (Vorticella)

[549] Wir vergleichen nun hiermit eine Sippe aus einer anderen Ordnung und zwar ein Glockenthierchen, welche den Stamm der Ordnung Peritricha bilden. In dieser ist der Körper bis auf eine Wimperspirale oder einen Kreis von Härchen nackt. Die Glockenthierchen oder Vorticellen, eine der bemerkenswerthesten großen Sippen der Infusorien, sitzen in der Regel fest und bestehen alsdann aus dem eigentlichen Körper und dem Stiele.


Vorticelle. a Mäßig, b 600mal vergrößert.
Vorticelle. a Mäßig, b 600mal vergrößert.

Alle Arten, welche keine Stöcke bilden, sondern als Einzelindividuen auf einem spiralig zusammenziehbaren Stiele sitzen, werden als Sippe Vorticella zusammengefaßt. Unsere Abbildung zeigt in a bei mäßiger Vergrößerung eine solche Vorticelle in dem Zustande, in welchem der Stiel zusammengeschnellt ist, wobei in der Regel auch der Vorderkörper sich zusammenzieht und kugelig wird. Daneben (b) ist das Thier in einer Vergrößerung, durch welche die wichtigeren charakteristischen Theile deutlich werden. Im hohlen Stiele fällt ein streifiges Band (m) auf, welches sich mit einer Muskelfaser vergleichen läßt. Seine Verkürzung bedingt das spiralige Zusammenlegen des Stieles. Man sieht, daß es da, wo der Stiel aus der Leibeswand hervorgeht, auch in der Körpermasse wurzelt. Die drei wichtigsten Organe, welche wir bei der Stylonychia kennen lernten, der Schlundtrichter (oe), die Blase (v) und der Fortpflanzungskörper (n), bezeugen die intime Verwandtschaft zwischen den sonst so verschieden aussehenden Thieren, während der lippenartig gewulstete, inwendig die langen Wimpern tragende Rand (r) eine Eigenthümlichkeit der Glockenthierchen ist.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 549.
Lizenz:
Kategorien: