Chaetopterus variopedatus

[74] Die genannte und andere Arten des Chaetopterus, welche im Golfe von Neapel vorkommen, zeichnen sich durch ihr Leuchten aus. Nach Panceri's Beobachtungen muß man die Thiere reizen, wenn das Phänomen eintreten soll. Dann verbreitet sich der Leuchtstoff wolkenartig im Wasser. Das Thier glänzt in lebhaftem bläulichen Lichte, und zwar im dunkeln Raume so stark, daß man die umstehenden Personen erkennen und die Uhr ablesen kann. Unser Freund und Kollege in Neapel, der seit Jahren die Leuchter scheinungen der niederen Thiere unermüdlich untersucht, hat in Chätopteren, namentlich in Chaetopterus variopedatus, welcher sich seine Röhre aus Sandkörnern zusammenleimt, gewisse Zellen und Drüsen als Erzeuger der leuchtenden Materie nachgewiesen.

Ueber die Art, wie Chaetopterus pergamentaceus lebt und wie man sich seiner bemächtigt, ohne Röhre und Thier zu verletzen, verdanken wir Lacaze-Duthiers genaue Angaben. Folgt [74] man an flachen Küsten der Ebbe, so trifft man ihn oft auf Wiesen von Seegras (Zostera marina) im Sande mit schlammigem Unterboden. Beim tiefsten Wasserstande der großen Ebben läuft auch hier das Wasser ab, und man findet nun zwischen den über den Boden hervorragenden, durch Länge und braune Farbe ausgezeichneten Röhren der schönen Sabella pavonina die wegen ihrer grauen Färbung und Kürze viel schwerer kenntlichen Röhrenenden des Chaetopterus. Das Thier verfertigt eine Röhre, welche weit länger ist als sein Körper, an beiden Enden offen und u-förmig in den Boden gesenkt. Sie bleibt daher auch während des Zurücktretens des Meeres mit Wasser gefüllt und der Wurm kann ununterbrochen seine Athembewegungen in seiner geräumigen Wohnung fortsetzen.


Chaetopterus. Natürliche Größe.
Chaetopterus. Natürliche Größe.

Will man Thier und Röhre ganz und unverletzt haben, so darf man sich natürlich nicht auf das Schleppnetz oder die Gabel verlassen, sondern muß die Röhre freilegen und ausgraben, während ein Gehülfe die beiden Enden festhält.

Somit können wir, mit abermaliger Umgehung von Familien, welche die Zoologen zwar »Kopfkiemer« nennen, aber mit der etwas befremdlichen Erklärung, daß sie eigentlich gar keine Kiemen besäßen, zu einigen Familien fortschreiten, welche diesen Namen endlich verdienen. Ihre Kiemen sind in Form von Bäumchen oder Fadenbüscheln am Kopfende befindlich. Ihr weder mit Zähnen noch mit vorstreckbarem Rüssel versehener Mund deutet auf eine friedlichere Lebensweise als die der meisten »irrenden« Rückenkiemer, und wir werden in dieser Vermuthung dadurch bestärkt, daß sie in Röhren hausen, aus welchen sie nur mit Gewalt sich entfernen lassen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 74-75.
Lizenz:
Kategorien: