Kleister-Essigälchen (Leptodera oxophila)

[121] Nicht der Kleister selbst ist Bedingung für die Aelchen, sondern die sich schnell einfindenden mikroskopischen Pilze, deren Entstehung sehr begünstigt wird, wenn man etwas Essig in den Kleister schüttet. »Bei längerer Beobachtung des Essigs fällt es auf, wie die Essigälchen viel seltener sind, als ältere Beobachter angeben.


Kleister-Essigälchen (Leptodera). Stark vergrößert.
Kleister-Essigälchen (Leptodera). Stark vergrößert.

Man hat den Grund darin zu finden geglaubt, daß der Essig nicht mehr aus Wein dargestellt wird. In gewissem Sinne ist dieser Grund richtig. In dem früher gebräuchlichen Wein- oder Bieressig blieb wahrscheinlich noch viel Zucker und Eiweiß, also ein günstiger Boden zur Bildung von Pilzen und somit auch für Essigälchen. Denn die Geschlechtsreife und Fortpflanzung der letzteren kann nicht in reinem Essig eintreten, sondern nur zwischen Pilzen, wo ihnen eine stickstoffhaltige Nahrung geboten wird. Der Essig, wie er jetzt in den Handel gebracht wird, enthält wohl nie geschlechtsreife Thiere, sondern nur Larven. Ja, die letzteren sind oft sogar abgestorben, und man darf sich nicht täuschen lassen, wenn man beim Schütteln einer Essigflasche unzählige lebendige Wesen zu sehen glaubt; es sind nur die herumschwimmenden Hautskelette. Die Essigmutter in den sogenannten Essigbildnern enthält jedoch heute noch alle Entwickelungsstufen der Essigälchen in großer Menge. Im Kleister, welcher durch Kochen von reinem Stärkmehle bereitet ist, hat mir die Zucht der Aelchen nie gelingen wollen, ein Zusatz von Leim, überhaupt einer stickstoffhaltigen Substanz, ist nothwendig.« (Schneider.) Der wissenschaftliche Name, den dieses Kleister-Essigälchen heute führt, ist Leptodera oxophila.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 121.
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