5. Sippe: Luftröhrenwurm (Syngamus)

[130] Es ist Syngamus trachealis, der Luftröhrenwurm der Vögel, ein höchst fataler Gast in Volièren und Hühnerhöfen. Der Gattungsname bezieht sich auf die Eigenthümlichkeit, daß an dem Orte, wo die geschlechtsreifen Thiere sich aufhalten, in der Luftröhre sehr verschiedener Vögel, zumal junger und schwächlicher Individuen, der Parasit immer paarweise angetroffen wird, das Männchen dem Weibchen zu unlöslicher Ehe angekittet. In geringerer Anzahl scheint der Syngamus häufig vertragen zu werden. Er kommt aber oft in solchen Mengen bei einem Vogel vor, daß er nicht bloß die ganze Luftröhre durch Reizen und Blutsaugen in Entzündung versetzt, sondern sie auch bis zum Ersticken seines furchtbar gequälten Wirtes verstopft. Ich nahm aus der Luftröhre einer Alpendohle nicht weniger als fünfundsechzig Syngamus-Paare heraus.

Wir haben von Ehlers über die einfache Wanderung des Thieres Aufschluß erhalten.


Luftröhrenwurm (Syngamus trachealis). a Weibchen und b Männchen. 18mal vergrößert.
Luftröhrenwurm (Syngamus trachealis). a Weibchen und b Männchen. 18mal vergrößert.

Das sicherste Kennzeichen, wenn man nicht schon durch den eigenthümlichen, mit dem Auswerfen einzelner Parasiten verbundenen Husten des Vogels von der Anwesenheit des verheerenden Gastes sich überzeugt hat, sind die Eier im Kothe der Vögel. Die reifen Eier werden ohne Zweifel durch das Husten, Schreien und Würgen aus der Luftröhre in die Mundhöhle gebracht und verschluckt, und entwickeln sich, sobald genügende Feuchtigkeit und Wärme vorhanden, im Freien im Laufe von acht Tagen zu kleinen fadenförmigen Embryonen mit stumpfem Kopf- und spitzem Schwanzende. Damit sie auskriechen, bedarf es der direkten Einwanderung in die Vögel, welche (Ehlers kam darüber nicht völlig ins Reine) wahrscheinlich so geschieht, daß bei der Aufnahme von Nahrung die Eier beim Eingange in den Kehlkopf hängen bleiben, und die Entwickelung zur Geschlechtsreife in den Luftwegen erfolgt. »Es ist damit einigermaßen ein Weg gezeigt, auf dem man durch Vorbeugungsmaßregeln Geflügelzuchten oder Volièren vor der massenhaften und dann verderblichen Verbreitung dieser Parasiten [130] schützen kann. Ein genaues Beobachten hustender Vögel, bei denen die Untersuchung des Kothes nach Eiern den sichersten Aufschluß über die Anwesenheit dieser Parasiten geben wird, ein sorgfältiges Isoliren der erkrankten Vögel, Sicherheitsmaßregeln, daß in häufig von dieser Wurmkrankheit ergriffenen Gegenden beim Ankauf neuer Vögel keine Syngamen eingeschleppt werden, können zunächst prophylaktischen Werth haben. Tritt die Krankheit in größerer Ausdehnung auf, so wird man je nach den Lokalitäten ungleiche Wege einzuschlagen haben, um zu verhüten, daß mit dem Kothe oder Auswurfe die Futtergeschirre nicht verunreinigt werden, oder daß sich nicht im Boden an feuchten Stellen Brutstätten bilden, von denen stets aufs neue Infektionen der Vögel stattfinden können. So ist auch der Brauch mancher Vogelzüchter, in die Mehlwurmsätze Vogelleichen zu werfen, um ›die Würmer fett zu machen‹, sehr wohl geeignet, mit syngamushaltigen Vogelkörpern die Eier, welche sich in dem feuchten und warmen Satze wohl entwickeln können, zu verbreiten und gelegentlich mit dem Füttern der Würmer in die Vögel zu übertragen.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 130-131.
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