2. Sippe: Dorylaimus

[120] Wie Bütschli gezeigt, läßt sich die von dem englischen Naturforscher Bastian versuchte systematische Trennung der meerbewohnenden von den Süßwasser-Nematoden nicht aufrecht erhalten. Die Systematik ist eben immer an der Eintheilung irgend welcher Organismen nach dem Aufenthaltsorte gescheitert. Ueber die Widerstandskraft dieser winzigen Würmchen sagt Bütschli: »Ich habe eine Beobachtung anderer Art über die Verwandtschaft der Land- und Meeresarten beizubringen, die gleichzeitig auf die verschiedenen Lebensbedingungen, unter welchen diese Thiere zu existiren vermögen, einiges Licht wirft. Während meiner Untersuchungen erhielt ich von befreundeter Seite eine Partie Gras, das im Hafen von Kuxhaven zwischen Steinen an einem Orte, der bei der Flut unter Wasser gesetzt wird, sich fand. In der den Wurzeln dieses Grases anhängenden Erde gelang es mir nun, fünf echte landbewohnende Nematoden zu finden, hierunter den bei uns verbreitetsten landbewohnenden Dorylaimus, D. papillatus.


Vorderende von Enoplus. Stark vergrößert.
Vorderende von Enoplus. Stark vergrößert.

Hieraus zeigt sich, daß eine zeitweise Durchtränkung des Erdreiches, in welchem diese Thiere leben, mit Meerwasser, denselben nichts schadet. Es können sich demnach auch Süßwasserformen wohl nicht unschwer an das Leben im Meere gewöhnen, und scheint es mir nicht unmöglich, daß manche Süßwasserformen sich auch im Brackwasser finden mögen«.

Ueber das Vorkommen der nicht in faulenden Substanzen lebenden, nicht parasitischen Fadenwürmer, zu welchen, wie Bütschli angibt, so ziemlich alle Gattungen, mit Ausnahme von Rhabditis (Pelodera, Leptodera; man vergleiche unten), gehören, faßt der Genannte seine Erfahrungen in folgendem zusammen: »Ich suchte diese frei lebenden Nematoden mit ganz geringen Ausnahmen vergeblich in Wasser, Schlamm oder Erde, die schon durch den Geruch sich als deutlich faulend erwiesen. Gewöhnlich fand ich den Schlamm stark riechender Gewässer ganz frei von unseren Thierchen, ebenso die schon angefaulten Konservenmassen auf der Oberfläche derartiger Gewässer. Eine reiche Fauna unserer Thierchen entwickelt sich hingegen in reinem und vorzugsweise fließendem Wasser, sowohl im Schlamme und sonstigem Grunde, wie auch auf Steinen, Wasserpflanzen usw., in dem grünen Besatze von Algenfäden, der sich hier gebildet hat. Die in der Erde sich aufhaltenden Arten hat man hauptsächlich an den Wurzeln verschiedener Pflanzen zu suchen, und haben mir hierunter Moose und Pilze, jedoch auch die Wurzeln mancher phanerogamischen Gewächse, eine ziemliche Ausbeute gewährt«. Wir sehen ferner, wie Lehmboden von diesen Thierchen gemieden, dagegen mit Sand gemengter Lehm oder reiner Sandboden ihnen sehr zusagt.

Alle diese Beobachtungen sowie die weiter unten mitzutheilenden von Schneider sind in Mitteldeutschland angestellt; doch wissen wir aus den Untersuchungen anderer, daß nicht nur in Frankreich, sondern auch in Ostindien und Nordamerika ganz ähnliche Formen vorkommen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 120.
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