Aspidogaster conchicola

[158] Nur auf zwei Formen mag noch hingewiesen werden, da dieselben durch ihren Wohnplatz sich der folgenden Abtheilung als Binnenparasiten nähern, Aspido gaster conchicola und Polystomum integerrimum. Von jenem kennen wir zwar die Anatomie und einige Stadien der [158] Entwickelungsgeschichte, wissen jedoch von seinen Wanderungen nichts. Es hält sich im Herzbeutel einiger unserer Muscheln auf.

Dagegen sind die nicht geringen Wandlungen und die Wanderungen des in der Harnblase der Frösche lebenden Polystomum integerrimum durch die sorgfältigen Beobachtungen von Zeller bekannt geworden. Das Thier mit plattem, etwas ringligem Körper erreicht eine Länge von 8 bis 10 Millimeter. Es unterscheidet sich von den meisten Saugwürmern durch den verästelten und mit vielen Ausbuchtungen versehenen Darmkanal und ist vor allem kenntlich durch eine ansehnliche Scheibe am Hinterende, auf welcher sich drei Paar Saugnäpfe und ein großes Paar Haken befinden. Die Polystomen scheinen im natürlichen Zustande ihre bräunlichen, schon mit bloßem Auge sichtbaren Eier, indem sie aus der Harnblase heraustreten, direkt in das Wasser zu bringen, und zwar geschieht dies im Frühjahre, nachdem die Frösche ihr Winterlager verlassen haben. Je nach der Temperatur vergehen bis zum Ausschlüpfen vierzehn bis vierzig Tage; so verhielt es sich bei den in der Stube in reinem Wasser gezogenen Jungen. Im Freien dürften, nach Zellers Vermuthung, sechs bis acht Wochen darüber vergehen.


Polystomum integerrimum. a Larve desselben. Beide vergrößert.
Polystomum integerrimum. a Larve desselben. Beide vergrößert.

»Das reife, zum Auskriechen fertige Thierchen«, berichtet Zeller, »habe ich für gewöhnlich so in dem Eie liegend gefunden, daß es mit seiner Schwanzscheibe gegen das gestielte Ende des Eies, mit seinem Kopftheil aber nach dem entgegengesetzten Ende gekehrt ist. An diesem letzteren öffnet sich das Ei mittels eines Deckels, welcher aber nicht glatt abspringt, sondern einen unregelmäßig zackigen Rand besitzt. Der Deckel ist klein, und das auskriechende Würmchen hat einige Schwierigkeit, sich durch die enge Oeffnung herauszuwinden, so daß es hierbei öfter seine Eischale eine Strecke weit hinter sich herzieht.«

»Das junge Würmchen, wie es das Ei verläßt (siehe Abbildung a), ist ein äußerst lebhaftes, bewegliches Thierchen und schwimmt mit Hülfe seines Wimperbesatzes lustig im Wasser umher, indem es dabei den Körper zusammenzieht und wieder streckt, zur Seite biegt und umwendet, öfters auch, den Kopf nach abwärts gekehrt, blitzschnell sich dreht und geradezu überschlägt. So tummeln sich die Thierchen stundenlang munter umher.« Von dem erwachsenen Thiere unterscheidet sich das junge vielfach: einmal schon durch den vom Kopf längs der Seiten herablaufenden Wimperbesatz, dann durch den Mangel der Saugnäpfe auf der Scheibe. Die sechzehn feinen Häkchen, welche diese trägt, bleiben auch dem fertigen Thiere. Der Uebergang zur parasitischen Lebensweise scheint nur ganz ausnahmsweise durch Einwanderung in ältere, ein- bis zweijährige Frösche zu geschehen, wohl aber ganz regelmäßig in die Kaulquappen, wo die jungen Polystomen – überraschend genug – ihren Sitz in der Kiemenhöhle aufschlagen. Hier werfen sie das Zeichen ihrer bisherigen Jugend, das Wimperkleid, ab. Leider gelang es unserem Gewährsmanne nicht, zu erforschen, auf welchem Wege die Schmarotzer aus der Kiemenhöhle in die Harnblase gelangen. Sie nehmen in diese Stufe ihres dunklen Daseins die vier Augen mit, welche dem frei lebenden Thiere sicher von Nutzen waren.

[159] Wir treten nun in den Kreis der eigentlichen sogenannten endoparasitischen Saugwürmer, die sich von den vorhergehenden durch eine größere Einfachheit der Saug- und Haftapparate überhaupt und insbesondere noch durch den Mangel jener zwei kleineren Saugnäpfe am Kopfe neben dem Munde unterscheiden.


Cercarien, aus ihrer Amme (links) ausgekrochen. Sehr vergrößert.
Cercarien, aus ihrer Amme (links) ausgekrochen. Sehr vergrößert.

Sie ziehen unsere Aufmerksamkeit in höherem Maße auf sich, indem unter ihnen wieder wichtige Schmarotzer der Hausthiere und des Menschen sich finden, und indem ihre Entwickelung und der Uebergang der Jugendformen in den Zustand der Reife wiederum an eine solche Verkettung von auffallenden Ereignissen geknüpft ist, deren Verfolgung zwar sehr schwierig, deren Lösung aber lohnend und anregend ist. Unter allen Eingeweidewürmern wurden diese sich verwandelnden Trematoden am frühesten entlarvt, und sie waren es, in Gemeinschaft mit einigen anderen niedrigen Thieren, welche Steenstrup auf die fruchtbare Idee von der Fortpflanzung durch wechselnde Generationen oder kurz die Theorie des Generationswechsels brachten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 158-160.
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