Anomia ephippium

[409] Wir müssen es uns versagen, auf die vielen fossilen wirklichen Austern und eine Reihe theils ausgestorbener, theils noch lebender Gattungen einzugehen, und beschließen den ganzen Abschnitt über die Muscheln mit einer der Auster nahe stehenden Sippe und Art, der Sattelmuschel (Anomia ephippium), welche zwar an Lebensgewohnheiten nichts Auffallendes, aber sowohl am Gehäuse wie an den Weichtheilen einige bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten zeigt.


Rechter Mantellappen der Sattelmuschel. Wenig verkleinert.
Rechter Mantellappen der Sattelmuschel. Wenig verkleinert.

Von dem im allgemeinen scheibenförmigen Gehäuse kann man gleichwohl eine bestimmte Gestalt nicht angeben, indem die untere sehr dünne Schale sich in ihrer Form ganz nach den fremden Körpern richtet, auf denen sie aufliegt, ohne mit ihnen zu verwachsen. Sie kann daher ganz flach, oder im Zickzacke gebogen oder auch bogenförmig sein, wie das z.B. bei den Exemplaren der Fall ist, welche auf den Stacheln verschiedener Seeigel-Arten sich ansiedeln. Die obere Schale ist dicker und gewölbter, wiederholt aber ebenfalls alle Unebenheiten des Körpers, auf welchem das Thier aufsitzt. Entsprechend diesem flachen Gehäuse ist das Thier sehr flach gedrückt. Unsere Abbildung zeigt die rechte, nach unten gewendete Seite, so daß wir also nach Hinwegnahme der Schale auf die Mantelfläche blicken. Besonders die Ränder sind sehr dünn und mit einer Reihe feiner Fühlfäden besetzt. Die Oeffnung a ist für das Schloß und daneben befindet sich ein tiefer Ausschnitt, durch welchen das sogenannte Knöchelchen hervortritt (n). Dasselbe, ein aus vielen einzelnen Scheibchen bestehendes Kalkgebilde, befindet sich am Ende eines vom Schließmuskel m sich abzweigenden Muskels, tritt durch ein rundliches Loch der unteren Schale und haftet an den fremden Körpern, indem es mit seinem Muskel vollständig als Stellvertreter des Byssus anzusehen ist. Wird das Thier gestört, so ziehen sich die erwähnten Muskeln zusammen, und es wird nicht nur die Schale geschlossen, sondern auch fest an die Unterlage angedrückt, deren Oberflächenrelief sich auf das Gehäuse überträgt. Die Sattelmuschel fehlt nirgends in den europäischen Meeren, soweit dieselben einen normalen Salzgehalt haben; ihre Standregion stimmt mit derjenigen der Auster überein, nur daß sie oberhalb des Ebbestriches vorkommen dürfte.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 409-410.
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