Litorina litorea

[262] Eine der gemeinsten und am weitesten verbreiteten Strandschnecken ist Litorina litorea. »Sie lebt im flachen Wasser an Blasentang, Steinen und Pfahlwerk. Sie sitzt oft über dem Wasser an Steinen und Pfählen längere Zeit auf einem Flecke. Wenn sie wieder ins Wasser hinunterkriecht, so nimmt sie Luft mit. Wird sie bald nach dem Untertauchen gestört und veranlaßt, so kommen Luftblasen aus diesem heraus. Ihre Bewegungen sind langsam. Wenn sie kriecht, so arbeiten die beiden Hälften ihrer Fußsohle abwechselnd. Während sich die rechte Hälfte nach vorn und hinten ausdehnt, verkürzt sich die linke durch gegenseitige Annäherung der beiden Enden. Dabei bildet sich hinten eine Falte vorn tritt die Sohle mit wechselnden Wölbungen vor. Ein [262] mittelgroßes Exemplar hatte, während es an der Glaswand eines Aquariums bald auf-, bald abwärts kroch, eine mittlere Geschwindigkeit von 0,5 Millimeter in der Sekunde. Es würde demnach in der Stunde einen Weg von 1,8 Meter zurücklegen, also ungefähr eine Menschenlänge weit fortkriechen. Die Nahrung der gemeinen Strandschnecke besteht aus Pflanzen- und Thierstoffen. Wir sahen sie in Aquarien Blasentang fressen.


Gebänderte Häubchenschnecke (Lacuna divaricata). Vergrößert.
Gebänderte Häubchenschnecke (Lacuna divaricata). Vergrößert.

Hier weidet sie aber auch die Ueberzüge von mikroskopischen Pflanzen und Thieren ab, die Spuren ihrer Radula(Zungen)-Arbeit als Zeichnungen an der Glaswand zurücklassend. In England werden diese Schnecken in Austernbetten geworfen, damit sie den Grund von Seepflanzen reinigen. Hier werden Pflanzen dadurch schädlich, daß sie die Ablagerung von Schlamm veranlassen. In unseren Aquarien sahen wir gemeine Strandschnecken auch rohes Fleisch von Säugethieren fressen.

In Holland wird die gemeine Strandschnecke gegessen, wie schon Swammerdam in der ›Bibel der Natur‹ berichtet. Auf dem Fischmarkte in London werden vom März bis August wöchentlich gegen zweitausend Bushel (zu 46,13 Liter) und in den übrigen sechs Monaten wöchentlich ungefähr fünfhundert Bushel umgesetzt.« (Meyer und Möbius.)

Die gemeine Strandschnecke ist eines der am weitesten verbreiteten Weichthiere der nördlichen Halbkugel. In der Ostsee geht sie, nach den Angaben von Meyer und Möbius, bis an die Ostküsten von Bornholm und Rügen. Weiter östlich wird auch ihr der Salzgehalt des Wassers zu gering. An den Küsten von Schleswig-Holstein und Dänemark ist sie gemein. Sie lebt im Weißen Meere, und im Atlantischen Ocean kommt sie von Grönland und Nordostamerika bis nach Portugal vor. Auch aus dem Adriatischen Meere kennt man sie.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 262-263.
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