Tüpfelbeutelmarder (Dasyurus viverrinus)

[549] Eine der bekanntesten Arten, der Tüpfelbeutelmarder (Dasyurus viverrinus, Didelphys viverrina, Dasyurus Maugii), ist fahlbraun, zuweilen lichter, unten weiß. Auf der ganzen Oberseite stehen unregelmäßig gestaltete und vertheilte weiße Flecken, welche am Kopfe kleiner [549] als am Körper sind. Die etwas zugespitzten Ohren sind mäßig groß und mit kurzen, schwarzen Haaren bekleidet. Die Schnauzenspitze ist fleischroth. Ein ausgewachsenes Thier erreicht eine Leibeslänge von 40 Centim. und eine Schwanzlänge von 30 Centim., bei 15 Centim. Höhe am Widerrist.

Den Lieblingsaufenthalt des Tüpfelbeutelmarders bilden die Wälder an den Küsten des Meeres. Hier verbirgt er sich bei Tage in Erdlöchern unter Baumwurzeln und Steinen oder in hohlen Stämmen. Nach Einbruch der Nacht streift er, seiner Nahrung nachgehend, weit umher. Er frißt hauptsächlich todte Thiere, welche das Meer ausgeworfen hat, stellt aber auch kleineren Säugethieren oder auf der Erde nistenden Vögeln im Walde nach und verschmäht ebenso Kerbthiere nicht. Den Hühnerställen stattet er ebenfalls Besuche ab und würgt nach Marderart schonungslos das von ihm ergriffene Geflügel, stiehlt auch wohl Fleisch und Fett aus den Wohnungen der Menschen. Sein Gang ist schleichend und bedächtig, seine Bewegungen aber sind rasch und behend; doch klettert er schlecht und hält sich deshalb am liebsten am Boden auf, obwohl er zuweilen schiefliegende Stämme zu besteigen pflegt.


Tüpfelbeutelmarder (Dasyurus viverrinus). 3/4 natürl. Größe.
Tüpfelbeutelmarder (Dasyurus viverrinus). 3/4 natürl. Größe.

Die Anzahl seiner Jungen schwankt zwischen vier und sechs.

Der Beutelmarder wird mit ebenso großem Hasse verfolgt wie die bisher genannten Raubbeutler. Man fängt ihn, oft in namhafter Anzahl, in eisernen Fallen, welche man mit irgend welcher thierischen Nahrung ködert. Für die Gefangenschaft empfiehlt er sich nicht; denn er ist eins der langweiligsten Geschöpfe, welche ich kenne. Man kann ihn weder boshaft noch gutartig, weder lebhaft noch ruhig nennen: er ist einfach langweilig. Sein Verstand scheint sehr gering zu sein. Dem Pfleger beweist er niemals Anhänglichkeit oder Liebe, wird auch niemals zahm. Wenn man sich seinem Käfige nähert, zieht er sich in eine Ecke zurück, deckt sich den Rücken und sperrt, so weit er kann, sein Maul auf. So gefährlich dies aussieht, so wenig hat es zu bedeuten; denn er wagt, wenn man sich ihm weiter nähert, keinen Widerstand. Ein heiseres Blasen, welches kaum Fauchen genannt werden kann, deutet auf innere Erregung; an eine andere, durch Bisse etwa bethätigte Abwehr denkt er nicht. Das Licht scheut er wie seine übrigen Familienverwandten und zieht sich deshalb bei Tage stets in den dunkelsten Winkel seines Käfigs zurück. Da er gegen Witterungseinflüsse nicht empfindlich ist und sich mit jeder Tischspeise begnügt, kann er ohne sonderliche Mühe erhalten werden. Rohes oder gekochtes Fleisch aller Thierklassen ist ihm eine erwünschte Nahrung. Er zeigt nicht dieselbe Gier wie die übrigen Raubbeutler. Wenn man ihm ein Stück Fleisch gibt, bemächtigt er sich desselben mit einer gewissen Hast, reißt ein Stück los, wirft es springend in die Höhe, fängt es dann auf und verschlingt es. Hat das Stück noch nicht die rechte Lage, so hilft er mit den Vorderpfoten nach. Nach vollbrachter Mahlzeit setzt er sich auf den Hintertheil, [550] reibt schnell die Vorderpfoten gegen einander und streicht sich damit die feuchte Schnauze rein oder putzt sich am ganzen Leibe; denn er ist sehr reinlich.

Da man weder sein Fleisch genießt, noch das Fell verwendet, gewährt er nicht den geringsten Nutzen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 549-551.
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