Nilflughund (Cynonycteris aegyptiacus)

[314] Zu derselben Sippe gehört auch die einzige Art der Familie, welche ich kennen gelernt habe, der Nilflughund (Cynonycteris aegyptiacus, Pteropus aegyptiacus, P. Geoffroyi), welcher sich über ganz Egypten und Nubien verbreitet, und in der Nähe von größeren Sykomorenbeständen regelmäßig vorkommt, auch schon im Delta keineswegs selten ist. In einzelnen Naturgeschichten wird angegeben, daß er bei Tage in den Gewölben der Pyramiden Herberge suche. Dies ist entschieden unwahr: er schläft wie seine Gattungsverwandten auf Bäumen.

Es war uns ein eigenthümlicher Genuß, an den schönen, lauen Sommerabenden Egyptens die Flughunde zu belauschen, wenn sie über die sonst von Niemand benutzten Früchte der Sykomoren herfielen und in den laubigen, schönen Kronen dieser Bäume ihre Abendmahlzeit hielten. Meine Diener, zwei Deutsche, schienen anfangs auch gewillt zu sein, in den Thieren die entsetzlichen Blutsauger zu erblicken, und verfolgten sie zuerst aus Rachegefühlen, später aber wirklich nur aus Freude an der anziehenden Jagd, welche sie oft bis Mitternacht fesselte. Wir erlegten viele und anfangs ohne große Mühe; später aber wurden die Flughunde scheu und kamen stets nur still und gewöhnlich von der entgegengesetzten Seite angeflogen, so daß es sehr schwer hielt, sie in den dunklen Baumkronen wahrzunehmen. Die flügellahm Geschossenen kreischten laut, bissen auch lebhaft und ziemlich empfindlich um sich. Meine Gefangenen starben nach kurzer Zeit; andere Forscher haben dasselbe Thier oft lange lebend erhalten und sehr zahm und zutraulich gemacht. Zelebor z.B. brachte ein Pärchen von ihnen nach Schönbrunn und hatte beide so an sich gewöhnt, daß sie augenblicklich herbeigeflogen kamen, wenn er ihnen eine Dattel vorhielt. Auch von Fremden ließen sie sich streicheln und ihr Fell krauen.


Geripp des Mäuseohrs. Natürl. Größe. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)
Geripp des Mäuseohrs. Natürl. Größe. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)

Alte ausgewachsene Flughunde dieser Art erreichen etwa 16 Centim. Körperlänge und eine Flugweite von 90 bis 95 Centim. Der kurze, weiche Pelz ist oben [314] lichtgraubraun, unten heller, an den Seiten und Armen blaßgelblich; die Flughäute haben graubraune Färbung.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. CCCXIV314-CCCXV315.
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