3. Sippe: Riesenwale (Sibbaldius)

[734] Mit dem Finnfische hat man bis in die neueste Zeit einen anderen riesigen Wal der hochnordischen Meere verwechselt, und erst dem scharfsinnigen Gray gebührt das Verdienst, denselben nicht allein unterschieden, sondern selbst als Vertreter einer wohlbegründeten Sippe erkannt zu haben. Die Merkmale der Riesenwale, wie wir sie nennen wollen (Sibbaldius), begründen sich vornehmlich auf Eigenthümlichkeiten des Gerippes. Sechsundfunfzig bis achtundfunfzig Wirbel, und zwar sieben bewegliche, denen der Finnwale im wesentlichen gleichgestaltete Hals-, vierzehn rippentragende, sechzehn Lenden- und zwanzig bis zweiundzwanzig Schwanzwirbel setzen die Wirbelsäule zusammen; der Schädel und die Oberkieferbeine sind sehr breit, die Nasenbeine klein, der Unterkiefer leicht gebogen, seitlich zusammengedrückt und in der Nähe des Gelenkes mit deutlichem Kronfortsatz versehen; das Schulterbein ist breit, der Rabenfortsatz wohl entwickelt, die Hand in vier sehr kurze Finger getheilt, unter denen der zweite und dritte unter sich gleich und die längsten sind, während der innere oder vierte bedeutend kürzer als der erste ist; die erste und zweite Rippe trägt zwei Knöpfe. Der Leib ist sehr gestreckt, im zweiten Fünftel seiner Länge am stärksten, von der breiten Schnauze an gleichmäßig anschwellend, nach der Schwanzflosse zu ebenso verschmächtigt, der Mittelrücken zu beiden Seiten flach eingebuchtet, die ein wenig hinter dem ersten Viertel der Leibeslänge ziemlich tief unten seitlich eingelenkte Brustflosse lang, schmal, vorn sanft gerundet, hinten im ganzen ausgeschnitten, diese Linie aber, entsprechend den Fingergliedern, durch vier auswölbende Bogen bewegt, die sehr kleine und niedrige Rückenflosse etwa im letzten Fünftel der Länge aufgesetzt, die Schwanzflosse sehr breit, am hinteren Ende klammerartig ausgeschweift, das kleine Auge in einer ziemlich tiefen Mulde unmittelbar über und hinter der Einlenkung des verhältnismäßig [734] kurzen Unterkiefers, das kaum bemerkbare, schlitzförmige Ohr etwa acht Centimeter weiter nach rückwärts, das doppelte Spritzloch etwas vor dem Auge auf der Vorderstirne gelegen, die Haut oben glatt, auf Kehle, Brust und Oberbauch mit mindestens sechzig rechtwinkelig eingetieften Falten versehen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 734-735.
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