Erste Familie: Schwielensohler (Tylopoda)

[57] Die Familie der Schwielensohler oder Kamele (Tylopoda) kennzeichnet sich durch die schwieligen Sohlen, den Mangel der Hörner und Afterklauen, die gespaltenen Oberlippen und den Zahnbau. Hinsichtlich des letztern weichen die Kamele von allen übrigen Wiederkäuern ab durch den Besitz von zwei (in der frühesten Jugend sogar vier oder sechs) Schneidezähnen in der Oberkinnlade und Eckzähnen, während sie in der untern Kinnlade nur sechs Schneidezähne tragen. Die Hufe sind sehr klein und eigentlich bloß Zehennägel an den schwieligen Sohlen. Der Magen ist nur dreitheilig, weil der Blättermagen wegen seiner geringen Größe zu dem Labmagen gerechnet werden kann.


Geripp des Dromedars. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)
Geripp des Dromedars. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)

Die Kamele sind sehr große Wiederkäuer mit langem Halse, gestrecktem Kopfe, in den Weichen eingezogenem Rumpfe und zottigem, fast wolligem Felle. Die Halswirbel sind ansehnlich lang und fast ohne Dornen, die Rippen breit, die Knochen der Beine sehr kräftig.

Nordafrika, Mittelasien und Südwestamerika bilden die ursprüngliche Heimat dieser Thiere. Die wenigen Arten sind in der Alten Welt gänzlich, in der Neuen theilweise zu Hausthieren geworden. Diese bewohnen das Hochgebirge bis zu viertausend Meter über dem Meeresspiegel, jene befinden sich nur in den heißen, trockenen Ebenen wohl. Gräser und Kräuter, Baumblätter, Zweige, Disteln und Dornen dienen ihnen zur Nahrung. Sie sind genügsam in hohem Grade und können lange hungern und dürsten. Ihr Gang ist ein Paß und ihr Lauf, obwohl er trefflich fördert, schwankend und scheinbar in hohem Grade unbeholfen. Alle leben in Herden oder lieben wenigstens Geselligkeit. Ihr geistiges Wesen steht auf ziemlich tiefer Stufe. Mit Unrecht gelten sie als sanfte, gutmüthige und geduldige Thiere: sie sind im Gegentheile dumm und überaus boshaft, obwohl sie sich mit einer gewissen Entsagung leicht unter das Joch des Menschen beugen lassen und seine Herrschaft anerkennen. Das Weibchen wirft nur ein einziges Junge und pflegt dieses mit vieler Liebe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 57-58.
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