Ducker (Cephalolophus mergens)

[253] Der Ducker oder Taucherbock (Cephalolophus mergens, Capra, Antilope und Cephalophorus mergens, Antilope nicticans), eine der größten und bekanntesten Arten der Gruppe, erreicht eine Länge von 1,1 Meter, wovon etwa 20 Centim. auf den Schwanz kommen, [253] bei 55 Centim. Schulterhöhe. Seine geraden, pfriemenförmigen, vier-bis sechsmal flach geringelten Hörner von 9 Centim. Länge, welche von dem Gehör verdeckt oder wenigstens weit überragt werden, verschwinden fast zwischen den Haaren des Schopfes. An der Stelle der Thränengruben liegt vor den Augen ein gebogener, nakter Streifen. Die Läufe sind sehr schlank, die Hufe und Afterklauen klein, der bequastete Schwanz ist kurz. Die vielfach abändernde Färbung ist auf der Oberseite meistens graulich olivenfarbig, beim Männchen auch wohl dunkelgelbbraun, längs des Rückens und der Keulen schwarz punktirt, und geht an den Knöcheln und der Vorderseite der Läufe ins Schwarzbraune, an der Unterseite ins Weiße über. Der Ducker ist in verschiedenen Theilen der Ansiedelungen des Vorgebirges ungemein häufig, auch eine der ersten Antilopen, mit denen der Neuling im Lande zusammentrifft, da jener die Buschdickichte der Seeküste in fast noch größerer Anzahl bewohnt als die Waldungen des inneren Landes. Wie allen kleineren und zwerghaften Antilopen begegnet man ihm entweder einzeln oder in Paaren. Niemals läßt er sich außerhalb der ihn deckenden Gebüsche sehen. Innerhalb des ärgsten Dickichts bewegt er sich mit einer Gewandheit, Vorsicht und Schlauheit, daß der ihm von den Holländern zuertheilte Name vollständig gerechtfertigt erscheint.


Ducker (Cephalolophus mergens). 1/13 natürl. Größe.
Ducker (Cephalolophus mergens). 1/13 natürl. Größe.

Aufgescheucht von seinem versteckten Lager, gewinnt er mit einem kräftigen Satze den nächsten Busch und eilt nun zwischen den niederen Zweigen und dem Grase so listig und behend dahin, daß er in vielen Fällen dem ihn verfolgenden Jäger glücklich entgeht. »Bei Annäherung eines Menschen oder eines anderen Feindes«, sagt Drayson, »bleibt er ruhig in seinem Lager; regungslos, starr wie eine Bildsäule schaut er auf den Ankommenden, bis er glaubt, er werde beobachtet: dann springt er plötzlich auf und stürzt dahin, schlägt eine Reihe scharfer Haken, setzt über Büsche und schlüpft durch sie hindurch, duckt sich und kriecht, so wie er sicher ist, seinen Verfolgern aus den Augen gekommen zu sein, in dem langen Grase oder zwischen den Büschen so still dahin, daß man glaubt, er wäre [254] förmlich verschwunden oder habe sich niedergelegt. Aber letzteres ist nie der Fall; denn er geht dann immer weiter unter den Blättern fort, bis er einen guten Vorsprung erlangt hat: dann eilt er auf und davon. Selbst der klügste Jäger und der beste Hund werden durch den Ducker oft genug gefoppt; wenn man aber seinen Weg überwachen und den Ort entdecken kann, wo er sich nach seinen Gängen niedergelegt hat, kommt man leicht unter dem Winde an ihn heran. Doch muß man ihm dann einen guten Schuß geben, wenn man sicher sein will, ihn auch zu erhalten; denn so klein er ist, eine so starke Ladung von Rehposten nimmt er auf sich. Die Büchse ist kaum zu gebrauchen, weil er bei seinem unregelmäßigen Hin- und Herspringen einen überaus geschickten Schützen verlangt. Oft kommt es vor, daß er nach dem Schusse mit größter Schnelligkeit davon geht, als ob ihn kein Schrotkorn berührt habe; dann hält er plötzlich an und gibt unverkennbare Zeichen seiner Verwundung. Selbst tödtlich getroffene Böcke sprangen vor mir auf, als ob ihnen kein Leid geschehen wäre.

Schon ein gewöhnlicher Hund kann den Ducker im Laufe einholen. Ein alter Vorsteher, welcher mir diente, fing mehr als einmal ganz gesunde Böcke und hielt sie, bis ich herankam.

Aus dem Felle des Duckers flicht man am Kap die langen Wagenpeitschen; das Wildpret gibt eine vortreffliche Suppe. Gewöhnlich ist das Fleisch der südafrikanischen Thiere sehr mittelmäßig, trocken und geschmacklos; allen Feinschmeckern aber kann ich die Leber der kleinen Antilope als ein ungemein feines Gericht empfehlen. Die holländischen Bauern spicken das Wildpret des Duckers mit Elen- oder Nilpferdspeck und bereiten dann einen höchst schmackhaften Braten.«


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 253-255.
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