Wasserbock (Kobus ellipsiprymnus)

[224] Der Wasserbock (Kobus ellipsiprymnus, Antilope ellipsiprymna, Aegoceros ellipsiprymnus), ein stattliches, fast hirschgroßes Thier von 2 Meter Gesammt- und 50 Centimeter Schwanzlänge, bei 1,3 Meter Kreuzhöhe, trägt, der Krümmung nach gemessen, 80 Centim. lange, stark geringelte Hörner und ein reiches, auffallend fettiges und grobes, nur auf dem Oberkopfe, den Lippen, der Außenfläche der Ohren und den Läufen kurzes und dichtes, sonst langes und zottiges, vorherrschend grau gefärbtes Kleid, da nur die Spitzen der Haare braun sind. Am Kopfe, Rumpfe, Schwanze und den Schenkeln zieht diese Färbung in das Gelbrothe oder Rothbraune; die Augenbrauen, ein schmaler Streifen unter dem Liede, Oberlippe, Muffel, die Halsseiten und eine schmale Binde an der Kehle sowie eine andere, welche über den hintern Theil der Schenkel vom Kreuze an nach vorn und unten verläuft und eiförmig gebogen ist, sind weiß. Das Weibchen ist blasser und zarter gebaut.

A. Smith fand den Wasserbock nördlich von Kurrichano in Südafrika in kleinen Herden auf, welche acht bis zehn Stücke stark waren und sich an den Ufern der Ströme aufhielten; Heuglin und nach ihm Schweinfurth lernten ihn auch als Bewohner des innern Afrika kennen. Unter jedem Rudel sieht man zwei oder drei Böcke, jedoch nur einen einzigen starken, da dieser die schwächeren abzutreiben scheint; doch behaupten die Eingeborenen, daß es überhaupt mehr Geisen als Böcke gäbe, weil viel mehr Thier- als Bockkälber gesetzt würden. Ungeachtet seiner fast plumpen Gestalt macht der Wasserbock einen guten Eindruck auf den Beschauer. Seine Augen sind lebhaft, ausdrucksvoll, Selbständigkeit des Wesens, ja fast Wildheit wiederspiegelnd, seine Bewegungen verhältnismäßig zierlich. So lange er weidet, sieht er etwas unbehülflich aus; erregt aber nimmt er etwas stattliches und würdevolles an, und besonders wenn er den Kopf hebt, gewinnt er ein lebhaftes, geistvolles Ansehen. Nach Heuglin ist er kein eigentlicher Sumpfbewohner, sondern liebt Stellen, welche mit mehr als mannshohem Schilfe bewachsen sind. Wie die Pferdeantilopen hat er die Gewohnheit, Termitenbaue zu besteigen und von ihnen aus in majestätischer Haltung sein nasses Gebiet zu überschauen. Aus diesem Grunde wird man seiner leicht ansichtig; aber auch wenn er durch das Gebüsch geht, leuchten die weißen Spiegelstreifen auf weithin durch das Dunkel des Gelaubes. Besonders scheu ist er nicht, läßt vielmehr den Schützen gewöhnlich ziemlich nahe an sich herankommen. Wittert der Leitbock wirklich Gefahr, so eilt er in sausendem Galopp dahin und das ganze Rudel hinter ihm drein. Die Flucht geht regelmäßig dem Wasser zu, und hier stürzt sich die geängstigte Herde mit einem Male plumpend in die Wellen. Wahrscheinlich sind die Wasserböcke gewöhnt, vor ihrem schlimmsten Feinde, dem Löwen, in dieser Weise die Flucht zu ergreifen. Die Aesung besteht in Sumpf- und Wasserpflanzen sowie in dem saftigen Grase, welches in allen Niederungen Südafrikas sich findet.

Die Eingeborenen der Länder des Vorgebirges der guten Hoffnung lassen die Wasserböcke unbehelligt, die Neger des innern Afrika erlegen sie auf Treibjagden so gut wie jedes andere Wild. Das Thier bedarf, um zum Falle gebracht zu werden, eines gut angebrachten Schusses, und wenn es nicht im Feuer zusammenstürzt, ist es für den Jäger regelmäßig verloren, weil es auf den meisten Stellen seines Wohngebietes fast unmöglich ist, ihm durch Röhricht, Sumpf und [224] Wasser zu folgen. Das Wildpret alter Böcke soll so gut als ungenießbar, weil zähe, faserig und mit einem unangenehmen, starken, bockartigen Geruche behaftet sein, aus letzterem Grunde auch selbst dem hungernden Kaffer widerstehen. Harris fand es vollkommen ungenießbar und versichert, daß er durch den heftigen Gestank manchmal geradezu von seiner Beute verjagt worden und nicht einmal im Stande gewesen wäre, das erlegte Wild abzuhäuten; Schweinfurth dagegen bemerkt, daß ihm das zarte, wenn auch fettarme Fleisch der erlegten Kälber vortrefflich geschmeckt habe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 224-225.
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