Einzige Sippe: Elefanten (Elephas)

[468] Unsere Elefanten, die einzigen gegenwärtig noch lebenden Vertreter der gleichnamigen Familie (Elephantina) oder Unterordnung, kennzeichnender lange, bewegliche Rüssel und die Zähne, namentlich die Stoßzähne, welche man als umgebildete Schneidezähne betrachtet. Der Rumpf ist kurz und dick, der Hals sehr kurz, der Kopf rund, durch Höhlen in dem oberen Schädelknochen aufgetrieben; die ziemlich hohen, säulenartigen Beine haben entweder fünf oder vorn vier, hinten drei, bis auf die in einer Reihe nebeneinander liegenden Hufe verbundene Zehen und flache hornartige Sohlen.


Geripp des Elefanten (Elephas indicus). (Aus dem Berliner anatomischen Museum).
Geripp des Elefanten (Elephas indicus). (Aus dem Berliner anatomischen Museum).

Das wichtigste Glied des Elefanten ist der Rüssel, eine Verlängerung der Nase, ausgezeichnet durch seine Beweglichkeit, Empfindlichkeit und vor allem durch den fingerartigen Fortsatz an seinem Ende. Er ist zugleich Geruchs-, Tast- und Greifwerkzeug. Ring- und Längsmuskeln, nach Cuvier etwa vierzigtausend einzelne Bündel, setzen ihn zusammen und befähigen ihn nicht allein zu jeder Wendung, sondern auch zur Streckung und Zusammenziehung. Dem Munde ersetzt er die fehlende Oberlippe, dem Thiere selbst ermöglicht er das Leben. Der Leibesbau erlaubt dem Elefanten nicht, den Kopf bis zur Erde herabzubringen, und es würde dem Dickhäuter deshalb schwer werden, sich zu ernähren, würde nicht jenes sonderbare Werkzeug ihm zur Lippe, zum Finger, zur Hand und zum Arme zugleich. Dieser Rüssel heftet sich an der platten Gesichtsfläche des Schädels, auf den Stirnbeinen, dem Oberkiefer, dem Nasenbein und dem Zwischenkiefer an, ist oben gerundet, unten verflacht, und verdünnt sich allmählich von der Wurzel zur Spitze.

[468] Alle übrigen Glieder und selbst die Sinneswerkzeuge des Elefanten erscheinen weniger beachtenswerth. Die Augen sind klein und von blödem, aber gutmüthigem Ausdrucke, die Ohren dagegen sehr groß, Lederlappen vergleichbar. Die Zehen werden so innig von der allgemeinen Körperhaut umschlossen, daß eine Bewegung unter sich unmöglich ist. Jede einzelne wird von einem zwar kleinen, aber starken, breiten und platten, nagelartigen Hufe bedeckt, welcher eben nur die Zehenspitze umhüllt. Nicht selten kommt es vor, daß einer der Hufe fehlt, weil er abgestoßen und durch das schnelle Nachwachsender übrigen vollends verdrängt wurde. Der mittellange, ziemlich gerundete Schwanz reicht bis an das Beugegelenk und endet mit einem aus sehr dichten, groben, brahtähnlichen Borsten bestehenden Büschel.

Sehr merkwürdig ist das Gebiß. Der Elefant trägt im Oberkiefer zwei außerordentlich entwickelte Stoßzähne, aber weder Schneidezähne, noch Eckzähne, sondern bloß noch einen einzigen gewaltigen Backenzahn in jedem Kiefer. Dieser Zahn besteht aus einer ziemlich bedeutenden Anzahl einzelner Schmelzplatten, welche mit einander verbunden sind. Wenn er sich durch das Kauen soweit abgenutzt hat, daß er nicht vollständig mehr seine Dienste thut, bildet sich hinter ihm ein neuer Zahn, welcher allmählich weiter nach vorn rückt und vor dem Ausfallen des letzten Stummels in Thätigkeit tritt. Man hat beobachtet, daß dieser Zahnwechsel sechsmal vor sich geht und darf deshalb von vierundzwanzig Backenzähnen sprechen, welche das Thier während seines Lebens besitzt. Die Stoßzähne haben ein ununterbrochenes Wachsthum und können daher eine ungeheure Länge, sowie ein Gewicht von fünfundsiebzig bis neunzig Kilogramm erreichen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 468-469.
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