Degu (Octodon Cummingii)

[441] Der Degu (Octodon Cummingii, Sciurus und Dendrobius degus, Octodon pallidus) ist oben bräunlichgrau, ungleichmäßig gefleckt, unten graubräunlich, auf Brust und Nacken dunkler, an der Schwanzwurzel lichter, fast weiß. Die Ohren sind außen dunkelgrau, innen weiß, die Schnurren zum Theil weiß, zum Theil schwarz; der Schwanz ist oben und an der Spitze schwarz, unten bis zum ersten Drittel seiner Länge hellgrau. Die Gesammtlänge beträgt gegen 26 Centim., wovon etwas über ein Drittel auf den Schwanz kommt.

»Der Degu«, sagt Pöppig, »gehört zu den häufigsten Thieren der mittleren Provinz von Chile. Hunderte bevölkern die Hecken und Büsche; selbst in der unmittelbaren Nähe belebter Städte laufen sie furchtlos auf den Heerstraßen umher und brechen ungescheut in Gärten und Fruchtfeldern ein, wo sie durch muthwilliges Zernagen den Pflanzen fast ebensoviel Schaden thun, wie durch ihre Gefräßigkeit. Selten entfernen sie sich vom Boden, um die unteren Aeste der Büsche zu erklettern, warten mit herausfordernder Kühnheit die Annäherung ihrer Feinde ab, stürzen aber dann in buntem Gewimmel, den Schwanz aufrecht tragend, in die Mündungen ihrer vielverzweigten Baue, um nach wenigen Augenblicken an einer anderen Stelle wieder hervorzukommen. Das Thier gleicht in seinen Sitten viel mehr einem Eichhörnchen als einer Ratte. Es sammelt, ungeachtet des milden Klimas, Vorräthe ein, verfällt aber nicht in einen Winterschlaf.«

[441] Die Zeit der Paarung, die Dauer der Tragzeit sowie die Anzahl der Jungen scheint, trotz der Häufigkeit des Thieres, bis jetzt noch nicht bekannt zu sein. Man kann eben bloß schließen, daß der Degu einer großen Vermehrung fähig ist. Die Gefangenschaft erträgt er sehr leicht, wird auch bald recht zahm. Ich erhielt neuerdings eine Gesellschaft von fünf Stück dieser Ratten, habe mich aber nicht mit ihnen befreunden können. Still und regungslos saßen die Thiere über tags in zusammengekauerter Stellung auf einem Aste des Kletterbaumes in ihrem Käfige, und erst wenn die Nacht hereinbrach, begannen sie sich zu rühren, aber auch dann noch bekundeten sie keineswegs die Regsamkeit unserer Eichhörnchen oder Bilche. An die Nahrung schienen sie keine Ansprüche zu machen, vielmehr mit dem gewöhnlichsten Nagerfutter zufrieden zu sein.


Degu (Octodon Cummingii). 1/2 natürl. Größe.
Degu (Octodon Cummingii). 1/2 natürl. Größe.

Ihren Wärter lernten sie ebenso wenig wie andere Nager gleicher Größe kennen und unterscheiden. Bissig sind sie nicht, zutraulich ebensowenig. Die Welt um sie her schien sie einfach gleichgültig zu lassen. Im Londoner Thiergarten haben sich einige Pärchen fortgepflanzt und Junge gebracht; die von mir gepflegten Gefangenen sind nach und nach dahingestorben, ohne jemals Paarungsgelüste zu zeigen.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 441-442.
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