Schabrakenschakal (Canis mesomelas)

[547] Der Schabrakenschakal (Canis mesomelas, Vulpes mesomelas, Canis variegatus) ist sehr niedrig gestellt und von allen übrigen Schakalen schon hierdurch, mehr noch aber durch die Bildung seines Kopfes unterschieden. Dieser hat den Bau des Fuchskopfes und zeichnet sich besonders aus durch die sehr großen, am Grunde breiten, oben spitzig zulaufenden, ein gleichmäßiges, unten etwas verschmälertes Dreieck bildenden, dicht nebeneinanderstehenden Ohren, welche eher an die des Fenek als an die des Schakals erinnern. Die großen braunen Augen haben runden Stern. Der Schwanz reicht bis zum Boden herab, wird jedoch gewöhnlich aufrecht gekrümmt getragen. Das Fell ist dick, fein und kurzhaarig. Die Färbung, ein schönes Rostroth, geht nach unten zu in Gelblichweiß über. Die ganze Oberseite deckt eine seitlich scharf begrenzte Schabrake von schwarzer Färbung mit weißlicher Fleckenzeichnung. Auf dem Halse wird diese Schabrake durch eine nach hinten zu undeutliche weiße Linie eingefaßt. Die Fleckenzeichnung ändert sich, je nach der Lage der Haare, da sie überhaupt nur durch das Zusammenfallen einer Menge von Haarspitzen entsteht, welche sämmtlich lichte Färbung haben. Kehle, Brust und Bauch sind weiß oder lichtgelb. An den Innenseiten der Läufe dunkelt diese Färbung, und zwischen den Vorderläufen geht sie in Grau über. Das Kinn ist röthlich, aber sehr hell, wenig von der lichteren Kehle abstechend. Auf dem Kopfe mischt sich Grau unter die allgemeine rostrothe Färbung. Der Rücken der sehr spitzen, fuchsartigen Schnauze ist schwarz, während die Lippen sehr licht, fast weiß erscheinen. Die Ohren sind außen und am Rande lebhaft rostroth, innen mit gilblichen Haaren besetzt. Vor ihnen steht jederseits ein gelber Fleck, und ein ähnlich gefärbter umrandet auch das Auge, unter dem sich dann noch ein dunklerer Streifen hinzieht. Ein dunkles Halsband, wie es die meisten übrigen Hunde und namentlich die Schakale zeigen, fehlt dem Schabrakenschakal gänzlich. Der Schwanz ist an der Wurzel rostfarben wie der übrige Leib, sodann aber, in den letzten zwei Dritteln der Länge, schwarz. An Länge übertrifft der Schabrakenschakal seinen Verwandten, an Höhe steht er ihm nach.

Nach meinen Erfahrungen beginnt das Wohngebiet des Schabrakenschakals in Mittelnubien. Von hier aus reicht es längs der Ostküste Afrika's bis zum Kap und wahrscheinlich auch quer durch den ganzen Erdtheil bis zur Westküste. Unser Schakal findet sich ebensowohl in der Steppe wie in den Wäldern, vorzugsweise jedoch in Gebirgsländern. Am Kap und in Habesch ist er sehr häufig. An der Ostküste des Rothen Meeres breitet sich eine schmale Wüstensteppe, die [547] Samhara, aus, welche vielfach von Regenstrombetten durchfurcht ist, deren Ufer gewöhnlich üppige Dickichte bilden. Hier darf man ihn regelmäßig vermuthen; denn diese Dickichte sind reich an Hasen und Frankolinen und gewähren ihm somit vielfache Gelegenheit, Beute zu machen. Er ist frecher und zudringlicher als jeder andere Wildhund. Seine eigentliche Jagdzeit ist zwar die Nacht, doch sieht man ihn auch bei Tag häufig genug umherlungern, selbst unmittelbar in der Nähe der Dörfer. In den Frühstunden begegnet man ihm überall, im Gebüsche ebensowohl wie in der pflanzenleeren Ebene. Erst in den Vormittagsstunden trabt er seinem Lager zu. Nachts ist er ein regelmäßiger Gast in den Dörfern und selbst in der Mitte des Lagerplatzes; denn nicht einmal das Feuer scheint ihn auf seinen Diebeszügen zu hindern.


Schabrakenschakal (Canis mesomelas). 1/7 natürl. Größe.
Schabrakenschakal (Canis mesomelas). 1/7 natürl. Größe.

Ich habe ihn wiederholt zwischen den Gepäckstücken und den lagernden Kamelen umherstreifen sehen; auf meiner ersten Reise in Afrika hat er mir sogar auf dem nur vermittels eines Bretes mit dem Lande verbundenen Schiffe einen Besuch gemacht. Die Eingeborenen Afrikas hassen ihn, weil er alle nur denkbaren Sachen aus den Hütten wegschleppt und unter dem Hausgeflügel, sogar unter den kleinen Herdenthieren manchmal arge Verheerungen anrichtet. Die Somali versichern, daß er ihren Schafen die Fettschwänze abfresse; im Sudân weiß man davon zwar nichts, kennt ihn aber als sehr eifrigen Jäger der kleinen Antilopen, der Mäuse, Erdeichhörnchen und anderer Nager. Bei dem Aase ist er ein regelmäßiger Gast; er scheint solche Speise leidenschaftlich gern zu fressen. Wie Burton berichtet, betrachten die Somali das Geheul des Schabrakenschakals als ein Vorzeichen des kommenden Tages und schließen von ihm aus auf gutes oder schlechtes Wetter; in Abessinien oder im Sudân beachtet man diese Musik nicht, obgleich man sie oft genug zu hören bekommt. Ich meinestheils muß gestehen, daß mir das Geheul dieser Schakale niemals lästig geworden ist, sondern immer eine ergötzliche Unterhaltung gewährt hat.

[548] Ueber die Fortpflanzung unseres Wildhundes fehlen zur Zeit noch genügende Beobachtungen. Mir wurde erzählt, daß die Anzahl des Gewölfes vier bis fünf betrage, und daß man die Jungen zu Anfang der großen Regenzeit finde. Im Innern Afrika's fällt es Niemand ein, das wirklich nette Thier zu zähmen; wir erhalten deshalb auch nur aus dem Kaplande ab und zu einen dieser Schakale lebendig. Wenn man sich viel mit einem solchen Gefangenen beschäftigt, gewinnt man bald sein Vertrauen. Der Schabrakenschakal ist im Grunde ein gutmüthiger, verträglicher Bursche, welcher jedenfalls mehr als der Fuchs zur Geselligkeit und zum Frieden neigt. So scheu und wild er anfänglich sich geberdet, so rasch erkennt er liebevolle Behandlung an und sucht sie durch dankbare Anhänglichkeit zu vergelten. Ein fast ausgewachsenes Männchen, welches ich in London ankaufte, war anfänglich im höchsten Grade scheu und bissig, tobte beim bloßen Erscheinen des Wärters wie unsinnig im Käfige umher, machte Sprünge von ein bis zwei Meter Höhe und suchte ängstlich vor dem Menschen sich zu verbergen oder ihm zu entkommen, bekundete aber auch ähnliche Furcht vor verwandten Wildhunden, mit denen es zusammen gehalten wurde, sodaß es oftmals eben dieser Scheu und Furchtsamkeit wegen zu argen Beißereien unter der sehr gemischten Gesellschaft kam. Dies alles aber verlor sich bald. Der Schabrakenschakal erkannte das Vergebliche seines Sträubens und befliß sich fortan eines anständigen Betragens. Schon nach wenig Wochen nahm er, vielleicht durch das gute Beispiel seiner Mitgefangenen ermuntert, dem Wärter das ihm vorgehaltene Fleisch oder Brod aus der Hand; nach etwa Monatsfrist hatte sich seine Scheu soweit verloren, daß er traulich auf den Ruf herbeikam und die dargebotene Hand liebe voll beleckte. Auch zu seinen Mitgefangenen faßte er allgemach Vertrauen, und mit dem Vertrauen stellte sich eine gewisse Freundschaft ein, welche freilich durch einen vorgehaltenen fetten Bissen zuweilen kleine Unterbrechungen erhielt, im ganzen aber doch thatsächlich bestand.

Während des Haarwechsels, welcher im September vor sich ging, hatte gedachter Schakal vorübergehend ein ganz eigenthümliches Aussehen. Seine schwarze Schabrake verlor sich in kurzer Zeit bis auf spärliche Ueberbleibsel; das neue Grannenhaar wuchs aber sehr rasch wieder heran, und bereits nach vier Wochen hatte er sein neues, schöneres Kleid angelegt.

In einem Käfige zusammengehaltene Paare des Schabrakenschakals pflanzen sich leicht fort. Ob ihre Trächtigkeitszeit von der anderer Wölfe abweicht, vermag ich nicht zu sagen. Ein Paar, welches unter der Pflege Kjärböllings mehrere Jahre nacheinander Junge brachte, begattete sich in einem Jahre am 16. Januar, trotz der herrschenden 12° R. Kälte, und bekam – wann ist nicht gesagt – vier Junge, welche vortrefflich gediehen. In den beiden folgenden Jahren wölfte das Weibchen wieder, einmal am 4. März, fraß gelegentlich auch einen seiner Sprossen, obgleich es dieselben sonst gut behandelte.


*


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DXLVII547-DXLIX549.
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