Civette (Viverra Civetta)

[19] Die Zibetkatze oder Civette (Viverra Civetta) hat ungefähr die Größe eines mittelgroßen Hundes, aber ein mehr katzenartiges Aussehen und steht in ihrem gesammten Bau zwischen einem Marder und einer Katze mitten inne. Der gewölbte, breite Kopf hat eine etwas spitzige Schnauze, kurz zugespitzte Ohren und schiefgestellte Augen mit rundem Stern. Der Leib ist gestreckt, aber nicht besonders schmächtig, sondern einer der kräftigsten in der ganzen Familie; der Schwanz mittellang oder etwa von halber Körperlänge; die Beine sind mittelhoch und die Sohlen ganz behaart. Der dichte, grobe und lockere, doch nicht besonders lange Pelz zeichnet sich durch eine aufrichtbare, ziemlich lange Mähne aus, welche sich über die ganze Firste des Halses und Rückens zieht und selbst auf dem Schwanze noch bemerklich ist. Von der schönen aschgrauen, bisweilen ins Gelbliche fallenden Grundfarbe zeichnen sich zahlreiche runde und eckige, schwarzbraune Flecken ab, welche die allerverschiedenste Stellung und Größe haben, auf den Seiten des Körpers [19] bald der Länge nach, bald der Quere an einander gereiht sind und auf den Hinterschenkeln deutliche Querstreifen bilden. Die Rückenmähne ist schwarzbraun, der Bauch heller als die Oberseite, und die schwarzen Flecken sind hier weniger deutlich begrenzt. Der Schwanz, welcher an der Wurzel noch ziemlich dick behaart ist, hat etwa sechs bis sieben schwarze Ringe und endigt in eine schwarzbraune Spitze. An jeder Seite des Halses befindet sich ein langer, viereckiger, schräg von oben nach hinten laufender, weißer Flecken, welcher oben und hinten durch eine schwarzbraune Binde begrenzt und oft durch einen schwarzbraunen Streifen in zwei gleiche Theile getrennt wird. Die Nase ist schwarz, die Schnauze an der Spitze weiß und in der Mitte vor den Augen hellbraun, während Stirn- und Ohrengegend mehr gelblichbraune und das Genick hinter den Ohren noch hellere Färbung zeigen. Ein großer schwarzbrauner Flecken befindet sich unter jedem Auge und läuft über die Wangen nach der Kehle hin, welche er fast ganz einnimmt. Der Leib des Thieres hat etwa 70, der Schwanz 35 Centim. an Länge; die Höhe am Widerrist beträgt 30 Centim.

Die Heimat der Civette ist Afrika und zwar hauptsächlich der westliche Theil desselben, nämlich Ober-und Niederguinea. Auch im Osten Afrikas kommt sie, obgleich einzeln, vor; wenigstens ist sie den Sudânesen unter dem Namen »Sobât« recht gut bekannt. In Guinea soll sie trockene, sandige und unfruchtbare Hochebenen und Gebirge bewohnen, welche mit Bäumen und Sträuchern bewachsen sind. Wie die meisten Arten ihrer ganzen Familie, ist sie mehr Nacht- als Tagthier. Den Tag verschläft sie; abends geht sie auf Raub aus, und sucht kleine Säugethiere und Vögel, welche sie bewältigen kann, zu beschleichen oder zu überraschen. Namentlich die Eier der Vögel sollen ihre Leibspeise bilden, und man behauptet, daß sie im Aufsuchen der Nester großes Geschick zeige und dieser Lieblingsnahrung wegen selbst die Bäume besteige. Im Nothfalle frißt sie auch Lurche, ja selbst Früchte und Wurzeln.

In der Gefangenschaft hält man sie in besonderen Ställen oder Käfigen und füttert sie mit Fleisch, besonders aber mit Geflügel. Wenn sie jung eingefangen wird, erträgt sie nicht nur den Verlust ihrer Freiheit weit besser, als wenn sie alt erbeutet wurde, sondern zeigt sich bald auch sehr zahm und zutraulich. Schon Belon erzählt, daß der florentinische Gesandte in Alexandrien ein zahmes Zibetthier besessen habe, welches mit den Leuten spielte und dieselben in die Nase, Ohren und Lippen kniff, ohne zu beißen, fügt aber hinzu, daß dies eine sehr große Seltenheit sei und bloß möglich wäre, wenn man ein solches Thier sehr jung erlange. Alt eingefangene lassen sich nicht leicht zähmen, sondern bleiben immer wild und bissig. Sie sind sehr reizbar und heben sich im Zorne nach Art der Katzen empor, sträuben ihre Mähne und stoßen einen heißeren Ton aus, welcher einige Aehnlichkeit mit dem Knurren des Hundes hat. Der heftige Moschusgeruch, welchen gefangene Civetten verbreiten, macht sie für nervenschwache Menschen kaum erträglich.

Kersten bestätigt letztere Angaben. »Gelegentlich«, sagt er, »fängt sich auf Sansibar eine Civette in den ihr gestellten Fallen, wird dann gebunden und geknebelt nach der Stadt gebracht und hier zum Verkaufe ausgeboten. Alt eingefangene Thiere dieser Art geberden sich anfänglich, als ob sie rasend wären, gerathen bei Annäherung eines ihnen noch unbekannten Wesens in unsinnige Wuth, vielleicht nur, um ihr Entsetzen über die ihnen furchtbar erscheinenden neuen Verhältnisse auszudrücken, und entfalten dabei eine Kraft, Beweglichkeit und Gelenkigkeit, welche noch weit mehr in Erstaunen setzt als ihre Wildheit. Jeder Muskel ihres Leibes scheint angespannt, jedes Glied in Thätigkeit gesetzt zu werden, um sich aus dem Kerker zu befreien; Sprünge werden ausgeführt, welche man selbst einem so gewandten Geschöpfe nicht zutrauen möchte, alle Theile des Käfigs im buchstäblichen Sinne begangen, da die Zibetkatze nicht bloß auf dem Boden des Raumes umherrast, sondern auch an den Wänden empor- und an der Decke umherklettert. Dabei glühen die Augen, bewegen sich die Ohren, schnüffelt die Nase, werden die Zähne gefletscht, die Haare gesträubt, daß das Thier wie ein Kehrbesen aussieht; es faucht und knurrt und verbreitet einen Zibetgeruch, daß man es in der Nähe kaum aushalten kann, daß im wahren Sinne des Wortes ein ganzes Haus davon erfüllt und verpestet wird.«

[20] Im Pflanzengarten zu Paris besaß man eine Civette fünf Jahre lang. Sie roch beständig nach Bisam. Im Zorne, wenn sie gereizt wurde, fielen ihr kleine Stücke Zibet aus dem Beutel, während sie diesen sonst bloß aller vierzehn bis zwanzig Tage entleerte. Im freien Zustande sucht das Thier diese Entleerung dadurch zu bewirken, daß es sich an Bäumen oder Steinen reibt; im Käfige drückt es seinen Beutel oft gegen die Stäbe desselben. Der Beutel ist es, welcher ihm die Aufmerksamkeit des Menschen verschafft hat. Früher diente der Zibet als Arzneimittel; gegenwärtig wird er noch als sehr wichtiger Stoff verschiedenen Wohlgerüchen beigesetzt. Selbst die Bewohner der Binnenländer Afrikas und Asiens haben eine außerordentliche Vorliebe für diesen starkriechenden Stoff und bezahlen ihn mit hohen Preisen. In früherer Zeit war es besonders die Stadt Euphras in Abessinien, welche den Hauptsitz des Zibethandels bildete, und manche Kaufleute hielten nicht weniger als dreihundert Stück Civetten, um eine hinreichende Ausbeute zu gewinnen. Aber auch in Lissabon, Neapel, Rom, Mantua, Venedig und Mailand, ja selbst in manchen Städten Deutschlands und besonders in Holland wurde das Thier zu gleichem Zwecke in den Häusern gepflegt.

Alpinus sah in Kairo die Civette in eisernen Käfigen bei mehreren Juden. Man gab den Gefangenen nur Fleisch, damit sie möglichst viel Zibet ausscheiden und gute Zinsen tragen sollten. In seiner Gegenwart drückte man Zibet aus, und er mußte für eine Drachme vier Dukaten zahlen. Der Geruch, welchen die Thiere verbreiteten, war so heftig, daß man in den Zimmern, welche sie beherbergten, nicht verweilen konnte, ohne davon Kopfschmerzen zu bekommen.

Um den Zibet zu erhalten, bindet man das Thier mit einem Stricke an den Stäben des Käfigs fest, stülpt mit den Fingern die Aftertasche um und drückt die Absonderung der Drüsen aus den vielen Abführungsgängen heraus, welche in jene Tasche münden. Den an den Fingern klebenden, schmierigen Saft streift man mittels eines Löffels ab und bestreicht den Drüsensack mit Milch von Kokusnüssen oder auch mit Milch von Thieren, um den Schmerz zu stillen, welchen das Thier beim Ausdrücken erleiden mußte. In der Regel nimmt man zweimal in der Woche Zibet ab und gewinnt dabei jedesmal etwa ein Quentchen. Im frischen Zustande ist es ein weißer Schaum, welcher dann braun wird und etwas von seinem Geruche verliert. Der meiste kommt verfälscht in den Handel, und auch der echte muß noch mancherlei Bearbeitung durchmachen, ehe er zum Gebrauche sich eignet. Anfänglich ist er mit Haaren gemengt und sein Geruch so stark, daß man Uebelkeiten bekommt, wenn man nur geringe Zeit sich damit zu schaffen macht. Um ihn zu reinigen, streicht man ihn auf Blätter des Betelpfeffers, zieht die feinen beigemengten Haare aus, spült ihn mit Wasser ab, wäscht ihn hierauf mit Citronensaft und läßt ihn endlich an der Sonne trocknen. Dann wird er in Zinn- oder Blechbüchsen verwahrt und so versendet. Die beste Sorte kommt von der asiatischen Zibetkatze und zwar von Buro, einer der Mollucken. Auch der javanesische Zibet soll besser sein als der bengalische und afrikanische. Doch beruht wohl dies alles auf dem Grade der Reinigung, welchen der Stoff erhalten hat. Gewöhnlich liefern die Männchen weniger, aber besseren Zibet als die Weibchen. Gegenwärtig hat der Handel bedeutend abgenommen, weil der Moschus mehr und mehr dem Zibet vorgezogen wird.

Bis jetzt haben sich die Zweckmäßigkeitsprediger vergeblich bemüht, den Nutzen dieser Drüsenabsonderung für das Thier zu erklären. Daß dieses den Zibet nicht in derselben Weise benutzt wie das amerikanische Stinkthier seinen höllischen Gestank, zur Abwehr seiner Feinde nämlich, steht wohl fest. Warum und wozu es ihn sonst gebrauchen könnte, ist aber nicht recht einzusehen. Im ganzen kann es uns freilich ziemlich gleichgültig sein, den wahren Grund solcher Begabung zu kennen oder nicht; viel wichtiger wäre es, wenn wir etwas genaueres über die Lebensweise des Thieres im Freien erfahren könnten. Aber merkwürdigerweise sind alle Naturgeschichten und Reiseberichte hierüber so leer, als sie nur sein können, und man muß sich billig wundern, daß auch die Laien ein so merkwürdiges und nützliches Thier so wenig gewürdigt haben. Ich selbst habe wenig Gelegenheit gehabt, die afrikanische Zibetkatze zu beobachten. Zwei [21] Junge, welche ich pflegte, waren still und langweilig, verschliefen den ganzen Tag, kamen erst spät abends zum Vorscheine und lagen vor Sonnenaufgang bereits wieder in ihrem Neste. Gelegentlich eines Streites erbiß die eine die Gefährtin, und diese erlag den erhaltenen Wunden ebenfalls, leider schon wenige Tage nach beider Erwerbung. Andere, welche ich später beobachtete, betrugen sich nicht wesentlich verschieden. Auch sie verschliefen den Tag, falls sie nicht gestört wurden, und kamen bloß des Abends zum Vorscheine. Dann liefen sie mit kleinen, raschen Schritten, unter lebhaften Bewegungen des ganzen Leibes, insbesondere des Kopfes und Halses, rastlos im Käfige auf und nieder, die ihrer Familie und Sippe eigene Gewandtheit, Behendigkeit und Geschmeidigkeit ebenfalls in hohem Maße bekundend. Nunmehr zeigten sie auch rege Eßlust, während sie über Tages selbst den größten Leckerbissen oft unbeachtet liegen ließen.


Zibete (Viverra Zibetha). 1/7 natürl. Größe.
Zibete (Viverra Zibetha). 1/7 natürl. Größe.

Lebende Beute ergriffen sie blitzschnell, ohne sich erst mit Anschleichen und anderen Künsten des Angriffes aufzuhalten. Ein unfehlbarer Biß durch die Hirnschale erlegte das Opfer augenblicklich, dann leckten sie dessen Blut und begannen langsam und bedächtig zu fressen. Eine Stimme habe weder ich, noch irgend ein anderer mir bekannter Beobachter vernommen. Gereizt, knurren sie wie Katzen laut und vernehmlich, im Zorne sträuben sie sämmtliche Haare. – Im Londoner Thiergarten haben sich Civetten fortgepflanzt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 19-22.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gedichte. Ausgabe 1892

Gedichte. Ausgabe 1892

Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.

200 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon