Palmenroller (Paradoxurus hermaphroditus)

[31] Der Palmenroller (Paradoxurus hermaphroditus, P. typus, Viverra nigra) ähnelt in seiner Gestalt und auch hinsichtlich seiner Farbenvertheilung den Ginsterkatzen. Seine Größe ist etwa die einer Hauskatze: der Leib mißt 45 bis 50 Centim., der Schwanz beinahe ebenso viel; die Höhe am Widerrist beträgt 18 Centim. Der Leib ist gestreckt, obgleich etwas untersetzt; die Füße sind kurz und kräftig; der lange Schwanz kann nach unten und oben zusammengerollt werden. Die Ohren sind mittelgroß; die sehr gewölbten Augen haben braune Iris und großen, äußerst beweglichen Stern, welcher bis auf eine haarbreite Spalte oder Ritze zusammengezogen werden kann. Der Pelz besteht aus reichlichen Woll- und dünneren Grannhaaren. Seine Grundfärbung ist gelblich schwarz, erscheint aber nach dem Einfallen des Lichtes verschieden. Drei Längsreihen schwarzer Flecken, welche unterbrochene Längsbinden darstellen, verlaufen zu beiden Seiten des Rückgrats; außerdem finden sich noch Flecken auf den Schenkeln und Schultern. Kopf, Gliedmaßen und hintere Schwanzhälfte sind schwarz; die Schnauze ist heller; von dem Augenwinkel zieht sich ein schwarzer Streifen um das Ohr. Letzteres ist innen fleischfarbig, außen schwarz.

Auf der indischen Halbinsel ist der Palmenroller sehr häufig. Er hält sich in Wäldern auf, kommt aber sehr gern in die Nähe der Dörfer, um hier zu stehlen. Ein weich ausgefüttertes Lager in hohlen Stämmen verbirgt ihn während des Tages, und solche Baumhöhlungen zieht er entschieden einem Baue in der Erde vor. Das Klettern fällt ihm keineswegs schwer; denn er besteigt mit Leichtigkeit selbst die höchsten Bäume. Auf der Erde ist er langsam, schwerfällig und träge, und zwar auch zur Nachtzeit, wann seine eigentliche Thätigkeit beginnt. Er macht, wie alle anderen Mitglieder seiner Familie, eifrig Jagd auf Säugethiere und Vögel, verzehrt aber auch die Eier oder die Jungen aus dem Neste und besonders gern Früchte. Den Ananaspflanzungen soll er sehr schädlich werden und in den Kaffeepflanzungen oft ein höchst lästiger Gast sein. Er frißt die Bohnen in Menge, gibt aber dieselben unverdaut wieder von sich und ersetzt dadurch gewissermaßen den Schaden, welchen er anrichtet, indem er dazu beiträgt, den Kaffee weiter und weiter zu verbreiten. Die Eingeborenen, welche ihn wegen seiner Diebereien »Kaffeeratte« nennen, sammeln die Körner aus seiner Losung. Sein Gelüst nach Früchten aller Art ist groß, und er weiß dabei vortrefflich, was gut schmeckt: reifen und süßen Früchten gibt er entschieden den Vorzug. Nur wenn ihn der Hunger zwingt, kommt er in die Höfe herein und besucht dann gelegentlich die Hühnerställe, in denen er nach Art seiner Sippschaft zuweilen ein arges Blutbad anrichten kann.

In der Gefangenschaft benimmt er sich ganz ähnlich wie der Musang, über welchen ich ausführlicher sein kann. Man erhält ihn, wie alle anderen Rollmarder, ohne Mühe; denn er genießt alles, was man ihm gibt: Fleisch, Eier, Milchbrod, Reis und Früchte.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 31.
Lizenz:
Kategorien: